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Schweinekerle unter sich

■ Lukrative Mauschel-Maschinerie mit bösem Ende: „Freier Fall“ (20.45 Uhr, arte)

Für Horst Königstein gab er unvergessen den Franz Josef Strauß („Dicke Freunde“), dann, überaus beklemmend, den vom Dioxin zerfressenen Boehringer-Arbeiter in „Hamburger Gift“ – um nur zwei der seltenen Filmgastspiele des Burgschauspielers Josef Bierbichler zu nennen. Jetzt, unter der Regie von Grimme-Preisträger Christian Görlitz, macht der kraftvolle Bayer seine Sache als Baudezernent zwischen Korruption und Mord wieder so gekonnt, daß dieser wuchtige Wurlitzer fast zum Sympathieträger wird – obwohl er eigentlich ein Schweinekerl ist.

Seinen Gegenpart in der ZDF- arte-Koproduktion „Freier Fall“ findet er in einem anderen Schweinekerl, dem Stararchitekten Werner März (dargeboten von Ulrich Tukur), mit dem ihn eine Machomännerfreundschaft verbindet. Die beiden haben eine lukrative Mauschel-Maschinerie bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge etabliert, die wie geschmiert läuft und für die sie bedenkenlos ihre Ehefrauen (die Wiener Schauspielerinnen Birgit Doll und Julia Stemberger) als Manövriermasse einsetzen – und die Schweinerechnung letztlich bezahlen lassen.

Die hübsch-häßliche Konstellation gerät aus den Fugen, als Wurlitzer eines Abends bei strömendem Regen auf dem Weg ins schmucke Eigenheim eine Frau überfährt und Fahrerflucht begeht. Der Vertuschungsversuch, bei dem ihm sein smarter Freund (auch im eigenen Interesse) helfen wollte, scheitert, und der Baudezernent gerät unter Mordverdacht. In einem geschickt taktierenden Anwalt im Rollstuhl finden die beiden schließlich ihren Meister.

Ärgerlich allerdings, daß „Freier Fall“ mal wieder so ein Fall ist, in dem sich das ZDF das Bonbon allein ans Hemd kleben will: Es sackte auf seiner Pressepremiere für einen eigenen Sendetermin im kommenden Monat den (ansonsten eher seltenen) Beifall der Fernsehjournalisten ein – und „vergaß“ diskret, die heutige Erstausstrahlung auf arte zu offenbaren. Und das, obwohl es ohne den Straßburger Sender und sein Geld diesen „ZDF-Fernsehfilm der Woche“ am 24. Februar gar nicht gäbe.

Blinde haben übrigens bei diesem Film die Möglichkeit, auf dem zweiten Tonkanal Bierbichler und Kollegen durch erklärende Zusatzkommentare das Bildgeschehen besser zu verstehen. Ulla Küspert

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