piwik no script img

Warten auf den nächsten Knall

■ Frankreichs Bezahlfernsehen Canal+ spielt die Schlüsselrolle im Streit um premiere. Doch Leo Kirch hat den Franzosen vorerst kaum etwas zu bieten

Bezahlfernsehen gilt der Medienbranche als das Ding der nächsten Jahrzehnte. Doch der Kampf der Konzerne findet in Europa bislang kaum offen statt, weil die Unternehmen die Märkte vorerst fein unter sich aufteilen. Ausnahme: Deutschland. Das Schlachtfeld: das bislang mit 1,4 Millionen Abonnenten einzige leidlich erfolgreiche Pay-TV premiere. Um diesen Sender gruppieren sich jene drei Medienkonzerne, die Europas Pay-TV-Markt zu beherrschen trachten: Frankreichs Marktführer Canal+ gehören 37,5 Prozent, der Münchner Medienunternehmer Leo Kirch hat eine Minderheitsbeteiligung von 25 Prozent. In Wartestellung steht Rupert Murdoch: Er wäre seit längerem gern dabei.

Doch die premiere-Geschäfte bestimmt mit 37,5 Prozent bislang einer, der sich aus dem Rennen ums Pay-TV sonst schon verabschiedet hat: Europas TV-Marktführer Bertelsmann mit seiner neuen Tochter CLT-Ufa. Eben ließen die Bertelsmänner via premiere die fehlgestartete Zahlstation DF1 des Partners Leo Kirch gerichtlich auf Bayern beschränken – mit Unterstützung von Canal+. Darauf, berichtet der Spiegel, will nun Kirch den premiere- Geschäftsführer Bernd Kundrun, einen Bertelsmann-Mann, ablösen lassen. Doch was das betrifft, hat Canal+ schon früher abgewunken.

Die Franzosen haben seit einem knappen halben Jahr die Schlüsselrolle im immerwährenden premiere-Streit. Canal+, ehemals enger Bertelsmann-Partner, hatte schon mehrmals durchblicken lassen, daß man sich unter Umständen von seiner Beteiligung trennen will. Seit dem Frühherbst verhandeln Kirch und Canal+ darüber. Kirchs Ziel: „Wir wollen die Macht über premiere“, wie einer seiner Manager offen sagte. Der momentan klamme Kirch würde dann gern Rupert Murdoch mit ins Boot nehmen – der nur im Verbund mit premiere Lust hat, seine Option über 49 Prozent an Kirchs DF1 wahrzunehmen. Doch Kirch hat den Franzosen momentan nichts zu bieten: Sein Pfund, zugunsten von Canal+ seine Beteiligungen in Spanien und Italien zu räumen, wuchert nicht mehr so recht, da dem italienischen Telepiú, wo beide im Gesellschafterkreis sitzen, noch immer die Abschaltung wegen Italiens Mediengesetzen droht.

So sind die Franzosen derzeit mehr in der Klemme als Kirch, der wenigstens premiere noch über Filmlieferungen blockieren kann. Den Franzosen dagegen fehlt vorerst ein Ziel auf dem deutschen Markt: Wie Focus meldet, plant Canal+ auch, sich aus dem Bertelsmann-Sender Vox zurückzuziehen. Also: Warten auf die nächste Kräfteverschiebung in Europas Medienmonopoly. Lutz Meier

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen