„Viel Kraft gekostet“

■ Die niedersächsische Lehrerin Dorothea Vogt (47) klagte mit Erfolg in Straßburg

Die Entschädigung für ihren jahrelangen Kampf wird bald fertig sein. Es ist ein Bauernhaus im ostfriesischen Jever, das Dorothea Vogt derzeit sanieren läßt. Rund die Hälfte der 222.639 Mark, die sie 1996 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg für die „Verletzung der Menschenrechte“ durch deutsche Behörden zugesprochen kam, hat sie in das Anwesen gesteckt.

Menschen wie Vogt zeigen, daß es sich manchmal eben doch lohnt, hartnäckig zu sein. Lange Jahre war die Französisch- und Germanistiklehrerin einer der prominentesten Fälle der Berufsverbotepraxis. 1972 in die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) eingetreten, begannen neun Jahre später gegen sie disziplinarische Vorermittlungen, die schließlich 1987 zur Suspendierung vom Dienst führten. Erst vier Jahre später – nachdem die rot-grüne Koalition in Niedersachsen kurz zuvor die Regelanfrage abgeschafft hatte – durfte sie wieder ans Mariengymnasium in Jever zurück. „Ich wollte immer Lehrerin sein“, sagt die 47jährige rückblickend. Als sie nicht mehr Schüler unterrichten durfte, half ihr die Landesbühne im nahegelegenen Wilhelmshaven und verschaffte ihr einen Job als Regieassistentin und Theaterpädagogin. Der Kontakt blieb: Zwei Stunden pro Woche stellt sie ihre Schule für das Theater frei.

Für Vogt setzten sich damals auch Eltern, Schüler und SPD-Politiker ein, nicht zuletzt der heutige niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder, der Vogts Anwalt war. In einem „schmerzhaften, langen Prozeß“ löste sich die Beamtin auf Lebenszeit schließlich von der DKP. Irgendwann zahlte sie keine Mitgliedsbeiträge mehr, heute ist sie parteilos. An die Zeit ihres Berufsverbots erinnert sie sich noch oft. „Das hat“, sagt Vogt, „doch so unheimlich viel Kraft gekostet.“ Severin Weiland