piwik no script img

„Entmündigung und Elitestützung“

■ GEW kritisiert SPD-Änderungen am Schulgesetz-Entwurf

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lehnt die Änderungsvorschläge der SPD zum neuen Schulgesetz, die diese am Dienstag präsentiert hatte, rundweg ab. Trotz aller Kritik, so erklärte die Hamburger GEW-Vorsitzende Anna Ammonn gestern, habe die Gewerkschaft den ursprünglichen Entwurf von Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD) stets unterstützt, „weil er die Weiterentwicklung der Schulen zu selbständigen Einrichtungen ermöglichte.“ Nun aber sei dieser Spielraum stark eingeschränkt.

Mit der ausdrücklichen Betonung von Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit, so wetterte Ammonn, würden ganz neue Akzente gesetzt. Einerseits würden staatliche Leistungen abgebaut, auf der anderen Seite setze man zunehmend auf individuelle Leistungsfähigkeit. Der Förderungsgedanke ginge den Bach hinunter zugunsten einer reinen „Elitestützung“. Das, so das Resümee der GEW, gehe zu Lasten benachteiligter SchülerInnen und widerspreche dem Integrationsgedanken.

Zugleich kritisierte die Gewerkschaft die von der SPD stärker betonte Verantwortung des Staates für die Schule. Schulen sollten einerseits „eigenverantwortlich“ ein Schulprogramm erarbeiten. Anschließend müßten sie sich das Ergebnis jedoch in jedem Fall von der Schulbehörde genehmigen lassen. „Diese Verschärfung staatlicher Schulaufsicht“, so Ammonn, „ist nicht mehr vereinbar mit dem Leitbild einer demokratischen Schulentwicklung.“

Auch die Neuregelung der Schulleiterwahl stößt bei der GEW auf Kritik. Ohne Not falle die SPD hier noch hinter das derzeitige Schulgesetz zurück und nehme Lehrern, Schülern und Eltern das Recht, die Leitung selbst zu wählen. Nach dem von der SPD überarbeiteten Gesetzentwurf hat nun auch hier die Behörde das letzte Wort. Dies, so lautet Ammonns Fazit, sei „eine unerträgliche Entmündigung, die zwar „in einen preußischen Obrigkeitsstaat“ passe, nicht aber „in eine moderne demokratische Gesellschaft, die auf die Mitgestaltung ihrer BürgerInnen setzt.“ Karin Flothmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen