Kommentar: Berber gibt es nicht
■ Noch-Sozialsenatorin trumpft zum Winterende unverfroren mit PR-Gag auf
Warum sind Obdachlose eigentlich so undankbar? Warum nur wollen sie die vielfältigen städtischen Hilfen nicht annehmen? Liegt es etwa daran, daß die Angebote – Wohnschiffe, Pik As oder „Läusepensionen“ auf dem Kiez – nicht den Bedürfnissen von Menschen entsprechen? Nein, nein.
„Es gibt Menschen, die wollen gar nicht anders leben“: Hamburgs „Sozial“senatorin und Hafenkrankenhaus-Vollstreckerin Helgrit Fischer-Menzel kennt sich da aus. Sie durfte nämlich schon mal im Mitternachtsbus des Diakonischen Werks mitfahren, der Berber dort versorgt, wo sie Platte machen.
Sogar in der U-Bahn hat sie mit Obdachlosen gesprochen – vermutlich unter einem der Propagandaplakate, die verkünden, daß in Hamburg niemand betteln müsse. Und wer ihr mit Kritik an Massenunterkünften kommt, den bescheidet sie mit der Auskunft, daß viele Obdachlose solch ein Gemeinschaftserlebnis doch gerade schätzten.
Die gröbsten Probleme der Obdachlosen in Hamburg müssen bereits Suppenküchen, Kleiderkammern und viele weitere Hilfsangebote von Kirchengemeinden und anderen karitativen Initiativen lindern. Doch daß es in Hamburg überhaupt Obdachlose gibt, liegt für die Senatorin in Kommunikationsdefiziten begründet: Die Hilfsbedürftigen haben eben vom „breitgefächerten Angebot“ ihrer Behörde noch nichts gehört.
Solchen Zynismus eine Woche lang auf 300 Plakaten zu verkünden, kostet 13.000 Mark. Wenn's der mildtätigen Senatorin auch noch den Job kostet, ist der Preis nicht zu hoch.
Julia Kossmann
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