Flucht vor dem Masterplan

■ Heftiger Streit auf schlecht besuchtem Stadtforum zwischen Bau- und Stadtentwicklungsverwaltung über die Standorte des Berliner Wohnungsbaus

Zwischen der Senatsbauverwaltung von Jürgen Klemann (CDU) und Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) ist ein heftiger Streit um die Standorte des künftigen Wohnungsbaus entbrannt. „Den Wohnungsbau auf die Innenstadt zu konzentrieren, ist grundfalsch“, erklärte der zuständige Abteilungsleiter der Bauverwaltung, Günter Fuderholz. Die Priorität auf die Innen- vor die Außenentwicklung zu setzen, wie es im Masterplan von Strieder formuliert ist, sei geradezu ein „Abwanderungsprogramm ins Umland“. Schließlich, so Fuderholz, gelte es, auch für die Reinickendorfer ein Angebot zu schaffen, das ihnen eine Neubauwohnung im Bezirk möglich mache und sie nicht ins Havelland abwandern müssen.

Fuderholz' Thesen auf der gestrigen Sitzung des Stadtforums unter dem Motto „Wohnstadt – Mieter oder Eigentum?“ waren eine Antwort auf Julian Wékel von der Stadtentwicklungsverwaltung. Wékel hatte zuvor die städtebauliche Orientierung auf die Innenstadt als eine Politik der nachhaltigen Stadtentwicklung verteidigt. Um eine weitere Abwanderung ins Umland zu verhindern, sei es nötig, so Wékel, bis zum Jahr 2010 400.000 neue Wohnungen zu bauen, 30.000 bis 40.000 davon im Bereich City West und City Ost. Ein solches Potential entspreche auch dem Nachholbedarf Berlins in Sachen Eigentumsbildung.

„Der Wunsch nach einem Eigenheim“, sagte Julian Wékel, „wird sich aber nur in begrenzter Form realisieren lassen.“ Gegen die politisch und stadtökologisch motivierte Konzentration auf die Innenstadt begründete Fuderholz seine Thesen mit dem derzeitigen Verlauf der Wanderungsbewegung.

Die gestiegene Abwanderung ins Umland, sagte Fuderholz, betreffe nicht nur die Innenstadtbezirke, sondern auch die Außenbezirke. Zwei Drittel der Umzugswilligen suchten sich dabei das „nächst erreichbare Ziel“. Es sei daher politisch gewollt gewesen, daß viele Weißenseer oder Pankower nun in den Neubaugebieten dieser Bezirke ein Heim gefunden hätten und nicht in die Umlandkreise gezogen seien. Immerhin, so Fuderholz, stelle das Neubaupotential in den Umlandkreisen mit 240.000 Wohnungen für 400.000 Einwohner eine „ernste Herausforderung“ dar.

Weitgehende Übereinstimmung zwischen den beiden Senatsverwaltungen gab es dagegen in der Orientierung auf verstärkte Eigentumsbildung. Der Tatsache, daß die Zahl der Sozialwohnungen bis zum Jahr 2014 von derzeit 340.000 auf 160.000 sinken werde, will Fuderholz mit einer verstärkten Diskussion über Fehlbelegungen begegnen.

Auf der – schlecht besuchten – zweiten Sitzung des Stadtforums nach der Vorstellung des Masterplans im vergangenen November stand gestern vor allem die Diskussion über Wohnungspolitik und -bauförderung im Mittelpunkt. Uwe Rada