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■ „Zeit“ vs. „Stern“Alle sind beleidigt

Der Stern verglüht, und sein Chefredakteur Werner Funk ist ein böser Mann, der sich über gleichaltrige Redakteure lustig macht. Muß was dran sein, wenn alle drüber schreiben, dachte sich der Zeit-Redakteur. Also rief er auch mal schnell beim bestgehaßten Mann der Branche an, der etwas ungehalten reagierte: „Wenn Ihr das tut“, wetterte der Stern- Chef, „dann schick' ich euch meine zwei besten Leute. Über die Zeit gibt's auch genug zu berichten.“

Und so geschah es. Diese Woche in der Zeit: „Keiner füllt mehr Nannens Wundertüte“ (die die Zeit einst finanzierte). Diese Woche im Stern: „Zaudernd durch die Wüste – Das traditionsreiche Wochenblatt Die Zeit verliert Leser und Einfluß.“

Was für die Individualpsychologie gilt, trifft auf deutsche Medienseiten um so mehr zu: Aussagen über andere bergen vor allem Aussagen über sich selbst. Liest man in der Woche, mit dem Stern sei aber nun auch gar nichts mehr los, läßt man sich mal schnell die Zahlen der Woche kommen, gegen die der Stern glänzend aussieht. Liest man im Focus, daß ein Berliner Chefredakteur seine Privatbeziehungen im Blatt pflegt, holt man rasch Informationen über Helmut Markwort ein, der auch nicht immer nur an die Leser denkt. Und die Kinder sicherer Zeiten, Spiegel, Stern und Zeit, stehen heute wie alte, an der Welt leidende Männer in einer wirr gewordenen Zeit herum und tönen über die Zipperlein der anderen.

Allenthalben sind die Medienseiten zur Bühne für Verleger- und Chefredakteurskindereien geworden. Ärgert sich z.B. Woche-Chef Manfred Bissinger über einen Kommentar der Süddeutschen zu seiner Wochenpost-Übernahme, hebt er kurzerhand einen Artikel über die Aktivitäten des SZ-Verlages in Thüringen auf die Medienseiten des Blatts (auf denen auch sonst schon mal zum Wohle des Verlags ein bißchen geflunkert wird). Und hat der ehemalige SZ- Kollege Andreas Lebert beim Stern einen Disput mit Funk - teilt schon bald einArtikel auf der SZ- Medienseite seine Position.

Am besten, Sie lesen das Zeug gar nicht mehr – für Sie ist es sowieso nicht bestimmt.

l.m./O.G.

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