: Lehrerstreik - trotz „Schülerfalle“
■ Lehrerversammlung in Obervieland einhellig für Streik
Um 11 Uhr war gestern der Unterricht an Schulzentrum und Gymnasium Obervieland zu Ende: „Lehrerversammlung“stand an, wie auch am Rübekamp und in der Alwin-Lonke-Straße. „Es grummelt überall“, faßte hinterher ein Lehrer die Stimmung unter den KollegInnen zusammen. Einhellig hat die Lehrerkonferenz beschlossen, sich an dem für den 30.4. geplanten Streik gegen die von der Bildungssenatorin verkündeten Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung zu beteiligen.
Eine Stunde lang berieten die Lehrer mögliche Aktionsformen. Ihr Dilemma, wie Dieter Mazur es formuliert: „Wir stecken in der Schülerfalle.“Sollen die Lehrer einfach „Dienst nach Vorschrift“machen, um der Bildungssenatorin zu zeigen, wieviel Engagement im Lehreralltag steckt? Sollen Klassenfahrten gestrichen werden, die immer eine erhebliche freiwillige Mehrbelastung sind? Soll die zweite Klausur pro Halbjahr gestrichen werden? Alles Aktions-Vorschläge, unter denen vor allem die Schüler zu leiden haben.
Aber wenn die Lehrer sich jetzt nicht wehren, dann trifft es die Schüler später um so mehr, wendet eine Lehrerin dagegen ein. 40 Prozent der SchülerInnen am Schulzentrum in Kattenturm sind Aussiedler- oder Ausländerkinder. Wer mißt, wer wieviel Arbeit für sie außerhalb des Unterrichts leistet? Die würde zuallererst leiden, wenn die Unterrichtsverpflichtung um zwei Stunden erhöht würde. Die Lehrer, die jetzt 55, 56 57 Jahre alt sind, müssen sogar vier Studnen mehr arbeiten: Zwei Stunden „Alters-Ermäßigung“sind für sie gestrichen, sollen für 58jährige gelten. Und das „Kleinklassenmodell“in der OS, wo bisher eine Klassengröße von 18 gehalten werden konnte, steht auf der Kippe, sagt Hiltrud Jürgensen, Lehrerin in der OS.
Das „ganz andere Arbeitszeitmodell“der Senatorin, das mehr Lehrerpräsenz in der Schule bringen sollte, hatten die Lehrer in Obervieland strikt abgelehnt: Erstens, weil „völlig unklar war“, was die Lehrer denn machen sollten. Unterrichtsvorbereitung ohne Arbeitszimmer? „Einfach nur hier sein“oder Schüler außerhalb des Unterrichts beaufsichtigten? Dafür sind Lehrer eigentlich zu teuer ausgebildet und eingestuft.
Zweitens sind die Lehrer, so Volker Arnold, strikt dagegen, die Frage aufzuwerfen, wieviel Arbeitszeitpunkte eine Mathe-Stunde wert ist und wieviel wieviel eine Sport- oder eine Soziologie-Stunde. Diese Frage proziere „Hauen und Stechen“im Lehrerzimmer, sagt Arnold, und wer soll über eine gerechte Antwort entscheiden?
Drittens wollte die Behörde über die neue „Arbeitszeitregelung“vor allem 293 Stellen sparen. Arnold: „Wir haben uns verarscht gefühlt.“
K.W.
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