■ SURFBRETT: An der Leine des Wonderbra
„Häßlich. Frustriert. Männerverachtend, männerhassend. Verbittert, zickig, breitbeinig auf behaarten Stampfern unterwegs in Richtung Lesbos. Mit verbissenen Mundwinkeln kommentiert sie die Ungerechtigkeit ihrer Lebenssituation im Vergleich zu der jedes beliebigen Schwanzträgers und engagiert sich ehrenamtlich als Potenzbremse. Adam und seine Geschlechtsgenossen erschauern, denn Du hast sie gefunden: Die Emanze im Web. Hereinspaziert... Nur keine Angst.“
Ein bißchen provozierend ist sie schon, die „einzig wahre offizielle deutsche Em@nzen Homepage“ (http://members .aol.com/emanzen/), und zwar für beide Geschlechter. Aber das muß auch so sein, denn sonst liest es wieder niemand. Carola Heine alias Melody hat diese Homepage mit dem Motto „Ist sie zu stark, bist Du zu schwach“ (frei nach Fisherman's Friend) auch nur gemacht, weil ihr irgendein Chauvi gesagt hat, daß sie doch nur mal jemand braucht, der ihr zeigt, wo's langgeht. Das war im November, und seither haben über achtzehntausend Leute ihre Emanzenpage besucht.
Aber sie haßt sie nicht, diese sportbesessenen Schnarchgebirge, die ihre Mütter anbeten und die man mit einem Wonderbra wie an der Leine führen kann. Oder etwa doch? So ganz klar wird das nicht, wer auf „Pro&Contra“ klickt, findet die Antwort auf die brennende Frage, warum Schokolade besser ist als Sex – und zweiunddreißig gute Gründe, warum Gurken besser sind als Männer. Melody hat auch eine Sammlung männer- und frauenfeindlicher Sprüche ins Netz gestellt, und wer sich darüber wundert, bekommt es noch mal deppensicher erklärt: Tierischer Ernst ist out. Unter „Vielweiberei“ hat sie ein paar Links zu Frauenseiten gesammelt, unter anderem zum „Museum of Menstruation“, das von einem Mann geschaffen wurde.
Die gesammelten Machos entpuppen sich bei näherem Hinklicken als zahme Bärchen, aber Frauen sehen das vielleicht ganz anders. Unter „Penisneid“ und „Artenschutz“ ist eine Sammlung von Erfahrungsberichten und – teilweise – unterhaltsamen Kurzgeschichten und eine Diskussion zu finden, in der es um Männer geht und darum, wie Frauen im Beruf benachteiligt werden. „Creative Directorin, Art Directorin, Texterin, Account Managerin und junger Mann mit Knackarsch zum Kaffeekochen gesucht.“ Als Melody diese Stellenanzeige im Cosmopolitan entdeckte, hätte sie beinahe aufgehört, an der Website weiterzuschreiben. Aber soweit sind wir noch nicht, deshalb macht sie weiter. Dietlinde Grönling
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