Unternehmen Aufstieg: Planziel: Hauptstadt-Kicker
■ Seit Bertelsmann als Sponsor quasi den Verein kaufte, geht es mit Hertha BSC aufwärts in Richtung Bundesliga
„Es gibt niemanden, der den Berlinern einen Club verschafft, der in der europäischen Spitze mitspielt“, schimpfte Exfußballer Paul Breitner noch vor knapp zwei Jahren in einem Interview mit der Berliner Zeitung.
Eine Schande sei das, typisch für den Umgang mit Fußball in Deutschland. Damals kickte der Charlottenburger Club haarscharf am Abstieg in die Regionalliga vorbei. Der Grund: falsche Angaben und finanzielle Unstimmigkeiten, die den Deutschen Fußballbund in Harnisch brachten.
Doch Hertha hatte Glück – statt des Abstiegs mußte der Club 1995 „nur“ eine Geldbuße in Höhe von 250.000 Mark sowie Punktabzug in Kauf nehmen.
Mittlerweile hat sich einiges geändert, und Breitner dürfte seine Freude daran haben, daß sich jemand ernsthaft der Hertha-Jungs angenommen hat.
Geld spielt in diesem Fall die erste Geige: Vor einem Jahr erwarben die Manager der Bertelsmann-Tochter Ufa die Vermarktungsrechte für 4 Millionen Mark, die Kontrollgremien des Wirtschafts- und Aufsichtsrats wurden von bertelsmannnahen Experten besetzt. Hernach gingen nochmals 6 Millionen Mark an den Fußballclub.
Der Dreijahresplan, den Hertha-Partner Ufa 1995 zusammen mit dem Verein aufgestellt hatte und dessen erklärtes Ziel der Aufstieg in die 1. Bundesliga war, scheint aufzugehen. Ob das Geld dabei eine Rolle spielt, ist fraglich, denn in gute Kicker wurde bislang noch nicht allzuviel investiert.
Vielmehr haben die Herren im Anzug das Geld benutzt, um dem skandalträchtigen Verein von einst ein seriöses Umfeld zu schneidern. So übernahm TV- Moderator Günther Jauch die Schirmherrschaft über den Förderkreis der Hertha-Freunde, für den Aufsichtsrat des Vereins gewann die Ufa Robert Schwan, der auch Ufa-Vertragspartner Franz Beckenbauer managt.
Daß Bertelsmann sein Geld nicht aus ideellen Gründen in einen Verein steckt, versteht sich von selbst. Spätestens bis zum Vertragsende im Jahre 2003 sollen die Millionen wieder eingespielt sein. Die Ufa-Manager wittern ein lukratives Geschäft mit einem fußballbegeisterten Einzugsgebiet von rund sechs Millionen Menschen. Allein in Berlin leben rund 80.000 aktive Fußballer, die als potentielle Zuschauer die Kassen klingeln lassen könnten.
Daß bei so viel finanziellem Interesse menschliche Faktoren auf der Strecke bleiben, hat sich beim Umgang mit Manager Carl-Heinz Röhl gezeigt. Obwohl er einen wesentlichen Anteil an Herthas Aufstieg gehabt hat, wurde er vom Aufsichtsrat des Vereins, den die Ufa kontrolliert, scheibchenweise demontiert.
Vor kurzem schmiß der Hertha-Frontmann von sich aus das Handtuch. Der bereits seit langem vom Aufsichtsrat in Stellung gebrachte Nachfolger Dieter Hoeneß darf nun bereits für die nächste Saison den Großeinkauf von Elite-Kickern planen. Nach Informationen haben die neuen Herren dafür rund zehn Millionen Mark bewilligt.
Sollte Hertha BSC tatsächlich in die erste Fußball-Bundesliga aufsteigen, könnte die Rechnung der Investoren aufgehen. Dann hätte zugleich der Basketball als Unterhaltungssport Nummer eins in Berlin ernsthafte Konkurrenz. Christine Berger
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