■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Vorsicht, Vinke liest Zeitung!
Der Programmdirektor von Radio Bremen, Hermann Vinke, mochte am 8. März seinen Augen nicht trauen: Nicht nur, daß seine Lieblingszeitung am Frauentag Seite um Seite über Frauenthemen bzw. aus Frauensicht berichtete. Mitten dazwischen entdeckte er ein Interview mit Irmela Körner, Fraktionssprecherin der SPD. War da nicht was gewesen? Körner, Körner – Vinke fiel sofort der Kinderfunk ein, da war doch Irmela Körner beschäftigt. Oder nicht? Oder nicht mehr?
Vinke kannte Irmela Körner, denn sie war auch lange Jahre Frauenbeauftragte im Sender und in dieser Eigenschaft hatte sie mit ihm nie mehr als unbedingt nötig reden können. Daß Irmela Körner im Herbst gekündigt und Ende des vergangenen Jahres aufgehört hatte bei Radio Bremen, das hatte Vinke einfach nicht mitbekommen. Um so besser, wenn er es jetzt im März in der Zeitung las.
Nur da war noch was. Irmela Körner hatte mit ihrer Kollegin vom Kinderfunk vereinbart, noch ein paar Monate ab und an auszuhelfen, weil Anne Rottenberger krank ist und Kinder Sonntags morgens, wenn die Eltern ausschlafen wollen, nicht ans Radio zu fesseln sind, wenn zuviele neue Stimmen im Kinderfunk auftauchen.
Vinke schaltete sofort: Sendungen für Kinder ab 4 Jahren von einer Frau, die SPD-Fraktionssprecherin geworden ist? Niemals. Die Spitze des Hauses, das Direktorium, nahm sich des Falles an, und ganz kurzfristig bekam Irmela Körner einen Brief ihres Wellenchefs – „Radio Bremen kultur“: Kein Wort mehr von ihr dürfe über Radio Bremen ausgestrahlt werden, so hatten die Spitzenmänner beschlossen, auch nicht für unsere Kleinsten am Sonntag früh.
Ein klassischer Tritt hinterher, erste Sahne. So sind eben Männer, und deswegen war Irmela Körner einmal Frauenbeauftragte geworden. Aber daß sie wirklich so sein können, hatte sie dann vielleicht doch nicht geglaubt. Denn eigentlich will sie weiter jornalistisch arbeiten, zum Beispiel ihre Arbeit über das plötzliche Sterben der Männer und die Frage, wie Witwen mit solchen Lebensbrüchen umgehen, dem Sender anbieten.
Die Moral von der Geschichte? Gib nie ein Interview, wenn Du einen Vertrag bei Radio Bremen gekündigt hast, und wenn Du nicht das Risiko eingehen willst, daß der Programmdirektor das erfährt.
Aber als Frauenbeauftragte hätte Irmela Körner ihre Pappenheimer doch kennen müssen, findet Rosi Roland
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