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■ Eine Antwort auf Elke HeidenreichFauler Zauberfeenzauber

Laut einer Rowohlt-Zeitungsannonce definiert die Publizistin Elke Heidenreich eine „Zauberfee“ so: „Jeder Mann träumt heimlich von der Zauberfee. Was ist das, eine Zauberfee? Eine Frau, die sich unmittelbar nach dem Vögeln in einen Kasten Bier und fünf Freunde verwandelt.“

Das klingt lustig und kicherig, klappert aber im Detail: Ein Kasten Bier für einen Mann plus fünf Freunde macht zwanzig Bier, geteilt durch sechs, also pro Kopf gerade mal drei halbe Liter. Was soll das werden? Eine Trockenübung für angehende Temperenzler? Die von Männern postkoital angeblich herbeigesehnte bierige Kumpanei, wie sie Frau Heidenreich sanft suggeriert, ist bei derart knickeriger Zuteilung jedenfalls nicht zu erwarten – eher schon Gezanke darüber, wer jetzt zur Tanke muß, Nachschub holen.

Oder sieht Elke Heidenreich den Beischläfer als klassischen Zwanzig-Bier-Homosexuellen, der den Kasten erst austrinkt und dann mit seinen Freunden vögelt? Und welcherart? Nacheinander? Mit allen fünfen gleichzeitig? Kann das gelingen? Und ist das dann noch Freundschaft?

Vielleicht aber ist alles noch ganz anders gemeint, und die „fünf Freunde“ von Elke Heidenreich sind identisch mit den „Fünf Freunden“ aus den Büchern von Enid Blyton? Und der Mann schickt diese entsetzlich altklugen, dünkelhaften Blagen sofort wieder weg und betrinkt sich mit dem Hund?

Will die Katzenliebhaberin Elke Heidenreich das sagen: Frauen bekommen die freiheitsliebende, intelligente Katze und Männer den blöde gehorchenden Hund? Mit dem sie dann hundelebenslänglich „raus“ müssen, an die Bierbude, wo sie wieder ihre Freunde treffen, die ebenfalls ihre Köter mit sich schleifen?

Genug der Rätsel – man ist ja schon sehr froh, wenn eine Frau über das unter anderem auch sehr komikträchtige Thema Sexualität explizit komisch schreiben will, statt wie üblich wahlweise lyrisch- schwerverletzte Von-Frauen-für- Frauen-Literatur abzuliefern, angefeuchtete, kitschige „Salz auf unserer Haut“-Prosa zu verfertigen, einen verrucht sein sollenden, diseusevulgären Femme-fatale-Jargon zu pflegen oder rotzlöffelig auf dem Girlie-Ticket zu reisen: ein Tonfall trüber als der nächste, und keiner davon bei Frau Heidenreich. Vielen Dank!

Seit Elke Heidenreich 1985 Eckhard Henscheid sehr aufgeregt und kenntnisfrei bezichtigte, er schreibe „Stürmer-Stil“, weil Henscheid damals in seiner Titanic-Serie „Erledigte Fälle“ auch den niederrheinischen Ersatzpastor Hanns Dieter Hüsch harsch attackierte und als Blindfisch dingfest machte, ist einiges passiert; zum Beispiel finden sich in der von Henscheid herausgegebenen, im Frühjahr 1997 bei Reclam Stuttgart erschienenen Anthologie „Sentimentale Tiergeschichten“ auch gleich zwei Texte von Elke Heidenreich. Schön, wenn Verstand und Verständigkeit über die Menschen kommen, wenn auch nur im Einzelfall und nur höchst zögerlich – der Groschen ist eben kein Sturzbomber.

Elke Heidenreichs Sätze über den kollektiven Männertraum von der Zauberfee aber sind bei allem netten Klang bloß fauler Zauberfeenzauber. Sie gehören in das Fach, in dem laut augenzwinkernder Verabredung zwischen Autor und Publikum nichts richtig stimmen darf, wenn alle zufrieden sein sollen: ins Kabarett. Denn in dem segensreichen Zustand, den Elke Heidenreich „unmittelbar nach dem Vögeln“ nennt, dürstet es keinen Mann nach Pils und Männerfreundschaft.

Da schläft er schon längst, tief und fest und wunschlos gut. Wiglaf Droste

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