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■ OsterweiterungDer Beitrittsfahrplan

Ursprünglich lanciert wurde die Idee einer Osterweiterung der Nato in den ersten Jahren nach der Vereinigung von BRD und DDR durch deutsche CDU-Politiker – in vorderster Linie der damalige Nato-Generalsekretär Manfred Wörner und der heutige Chef der Hardthöhe, Volker Rühe. Sie hatten erkannt, daß die westliche Militärallianz nach dem Zusammenbruch ihres Gegenparts Warschauer Pakt einer neuen Existenzbegründung bedurfte. Doch die meisten 15 Nato-Verbündeten reagierten mit Skepsis, Washington sogar mit klarer Ablehnung.

In Warschau, Prag, Budapest und anderen osteuropäischen Hauptstädten stießen die Signale hingegen auf zunehmend offenere Ohren. Wesentlicher Grund hierfür ist, daß sich das Versprechen des Westens von 1990, die gesamteuropäische Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) zügig zu einer handlungsfähigen Institution kollektiver Sicherheit auszubauen, als leer erwies. Die „Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses“ der osteuropäischen Staaten wurde so zur zweiten Begründung für die Idee einer Nato-Ausweitung.

Daß Bill Clinton auf dem Brüsseler Nato-Gipfel im Januar 1995 der Idee noch einmal eine Absage erteilte und statt dessen das Programm „Partnerschaft für den Frieden“ mit den osteuropäischen Staaten durchsetzte, konnte die dort inzwischen entstandenen Erwartungen auf eine Vollmitgliedschaft in der Nato nicht mehr aus der Welt schaffen. Im Herbst 95 schwenkte Clinton auf Erweiterungskurs um; es gibt Indizien, daß Spendengelder der polnischen und tschechischen Lobby in den USA in die Wahlkampfkasse der Demokratischen Partei bei der Kursänderung eine Rolle gespielt haben.

Es folgte die Erklärung der Nato, wonach die Mitgliedschaft grundsätzlich allen osteuropäischen Staaten offensteht – ausdrücklich auch Rußland und anderen Exrepubliken der UdSSR. Im Wahlkampf 96 verkündete Clinton ohne vorherige Konsultation und zum Entsetzen vieler Bündnisregierungen einen präzisen Fahrplan für eine erste Erweiterungsrunde: auf dem Nato-Gipfel Anfang Juli in Madrid Bekanntgabe von drei Beitrittskandidaten, mit denen Aufnahmeverhandlungen geführt werden sollen; Abschluß der Verhandlungen bis Ende 1997; Aufnahme bis spätestens zum 50. Geburtstag der Allianz am 4. April 1999.

Mit der Erklärung und dem von Clinton verordneten Fahrplan hat sich die Nato unter Druck gesetzt. Sie hat keine überzeugenden objektiven Kriterien für die Entscheidung, welche von den inzwischen 13 offiziellen Bewerbern um eine Mitgliedschaft als erste, in späteren Runden oder überhaupt nicht aufgenommen werden sollen. Neben den anfänglich genannten Polen, Ungarn und Tschechen werden jetzt auch die Rumänen (von Frankreich) und Slowenen (von Deutschland) als Beitrittskandidaten für die erste Runde vorgeschlagen.Andreas Zumach, Genf

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