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Ein Heiliger in aller Munde

■ Bremer Seemannspastor hievte Portrait des Adalbert auf eine Sondermarke

em Bremer Seemannspastor, Prälat Johannes Bieler, ist es jetzt gelungen, das Portrait des Heiligen Adalbert auf eine Sonderbriefmarke der Deutschen Post AG zu hieven. Das war jedoch ein Unternehmen mit Hindernissen: Denn Prälat Bieler kann inzwischen ein Lied davon singen, was Beharrlichkeit ist und daß sie sich manchmal sogar auszahlt. Sein Erfolg wird nämlich schon bald in aller Munde sein: Ab dem 23. April ist die Adalbert-Marke zu haben. Und dies nicht nur in Deutschland, sondern auch in den ehemaligen Ostblockstaaten Ungarn, Tschechien und Polen, wo sie – das ist ein Unikum – zeitgleich erscheint.

Die BriefmarkenverlegerInnen eint der tausendste Todestag des Heiligen Adalbert. Der 956 in Libice geborene mittelalterliche Missionar lernte in der Magdeburger Domschule und wurde vom dortigen Erzbischof Adalbert auf dessen Namen gefirmt. Unter diesem Firmnamen wurde er deutschen Landen bekannt. Die Tschechen verehren ihn unter dem Taufnamen Vojtech, die Polen schreiben ihn Wojciech, und die Ungarn nennen ihn Bela.

Dieser bereits zwei Jahre nach seinem Tod heiliggesprochene Missionar wurde vor exakt 1.000 Jahren im Pruzzenland an der Weichselmündung erstochen. Und da die alte Hansestadt Danzig – Bremens Partnerstadt – im Zusammenhang mit dieser schmählichen Tat erstmals erwähnt wird, begeht sie anno 1997 ihr tausendjähriges Bestehen. Dieses Jubiläum seiner alten Heimatstadt ließ auch den Bremer Seemannspastor Bieler nicht ruhen, ist er doch im Nebenberuf Apostolischer Visitator der Danziger Katholiken in Deutschland.

Daß es so schwer ist, einen Heiligen von Adalberts Kaliber auf eine Briefmarke zu hieven, hätte sich der Prälat jedoch nicht träumen lassen, als er 1993 den ersten Vorstoß in diese Richtung unternahm. Dabei mußte er zunächst lernen, daß es in Briefmarken-Angelegenheiten für Kirchen Quoten gibt: Maximal zwei Sondermarken sind für Kirchens pro Jahr eingeplant. Der Prälat ahnte davon nichts, als er vor vier Jahren erstmals beim Postministerium anklopfte. Damals wollte er die Heilige Dorothea von Montau zur Ehre der vielzackigen Rechtecke erheben, doch er scheiterte, weil der Heilige Wolfgang schon auf der Quote saß. Wolfgang hatte aus wohlbekannten Gründen, die mit dem nach ihm benannten See zu tun haben, den gewichtigeren, dort alljährlich Urlaub machenden Fürsprecher.

Selbst der Vorwurf der Frauenfeindlichkeit, den der Prälat den Verantwortlichen im Postministerium machte, half zunächst nicht. Dennoch hat dieser Tadel doch gesessen, und die Verantwortlichen fragten daher – ein wenig kleinlaut – zurück, ob es für Dorothea denn kein weiteres Jubiläum gäbe. „Ja“, bestätigte der Prälat, „1997 – aber dieses Jahr möchte ich mit Adalbert besetzen.“

Und da Vertrauen gut, Lobbyarbeit aber besser ist, spannte Johannes Bieler Bundestagsabgeordnete mit Wurzeln im ehemaligen deutschen Osten vor den „Karren“des Heiligen und kam ans Ziel. Allerdings mußte er zu seinem Leidwesen jüngst der Welt entnehmen, daß seine Vaterschaft nicht einmal aktenkundig war. Die Bundespost ließ zunächst erklären, der Anstoß zur Adalbertverehrung auf gummiertem Papier sei von der polnischen Post ausgegangen. Doch inzwischen gestand die Post AG den Irrtum und lud Bieler zur offiziellen Markenpremiere am 26. April nach Magdeburg ein. Wie auch immer: Nun kann man den Heiligen getrost blau auf weiß nach Hause tragen oder seine Süße schmecken, wenn man ihn auf Briefe klebt.

Wilhelm Tacke

Der Autor ist verantwortlich in der Katholischen Presse- und Informationsstelle in Bremen tätig und in Sachen Kirchen-Kulturgeschichte unglaublich beschlagen

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