: Freispruch für Safwan Eid?
Lübecker Brandprozeß: Gericht sieht „keine Belastung“für angeklagten Libanesen ■ Von Elke Spanner
Das Signal ist klar: Freispruch für Safwan Eid. Unzweideutig bilanzierte gestern Rolf Wilcken, der Vorsitzende Richter im Lübecker Brandprozeß gegen den Libanesen, er sehe „keine für eine Verurteilung ausreichende Belastung“(siehe Bericht S. 4). Nach sieben Monaten Verhandlungsdauer gebe es keinen Hinweis darauf, daß Eid das Feuer in der Flüchtlingsunterkunft in der Lübecker Hafenstraße gelegt habe, durch das im Januar 1996 zehn Menschen starben.
Gelassen reagierte die Staatsanwaltschaft auf das Votum. Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Schultz wollte gegenüber der taz zwar keine „inhaltliche Bewertung“abgeben. Zugleich deutete er an, daß selbst die Staatsanwaltschaft auf Freispruch plädieren könnte: „Wir ignorieren die Ergebnisse der Hauptverhandlung nicht“, so Schultz. Er habe von Anfang an gesagt, „daß wir auf der Grundlage dessen entscheiden werden, was vor Gericht zu Tage gefördert wird.“
Freude herrschte gestern bei Verteidigung und Unterstützern Safwan Eids. „Das Gericht hat deutlich gemacht, daß es den Prozeß beenden will“, kommentierte Barbara Klawitter, eine der beiden Anwältinnen Safwan Eids. „Das war keine Zwischen-, sondern eine Schlußbilanz“. Das Lübecker Bündnis gegen Rassismus kündigte an, die Urteilsverkündung mit einem „Aktionstag gegen Rassismus“begehen zu wollen. Zwar steht der Termin noch nicht fest, am Tenor aber gebe es keinen Zweifel: „Freispruch“. Erneut forderte das Bündnis das Bleiberecht für die Überlebenden des Brandes und Konsequenzen für die Staatsanwälte, die „nicht nur schlampig, sondern schuldhaft gehandelt“hätten.
Wilcken hatte bei seiner Gesamtwürdigung nicht den Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“, sondern die für Safwan Eid ungünstigsten Umstände zu Grunde gelegt. Doch selbst dann, so der Richter, spräche nichts für dessen Täterschaft. Dann wäre zwar das Feuer im ersten Stock ausgebrochen; mit dem angeblichen Geständnis Eids, das er gegenüber dem Rettungssanitäter Jens L. abgelegt haben soll, sei das aber „nicht zusammenzubringen“. Denn danach habe Eid eine brennbare Flüssigkeit an eine Tür gekippt. Die vom LKA-Sachverständigen Holger Herdejürgen ermittelte Brandausbruchsstelle im ersten Stock befände sich jedoch zwischen zwei Türen. Und dafür, daß ein flüssiger Brandbeschleuniger im Spiel gewesen sei, fehle jeglicher Hinweis.
Die vier Grevesmühlener Jugendlichen, die unmittelbar nach dem Feuer als Tatverdächtige festgenommen worden waren, spielten in diesem Verfahren zwar „keine Rolle“, so Wilcken. Allerdings würden die Brandspuren, die bei ihnen festgestellt worden waren, auf unmittelbaren Kontakt mit Flammen schließen lassen. Die Verletzungen, die Safwan Eid bei dem Brand davongetragen hatte, seien hingegen „diffus“. Sie gingen auf „bloße Hitzeeinwirkung“zurück.
Laden wolle er die vier Jugendlichen dennoch nicht. Denn deren Aussagen könnten nur zur Entlastung Eids relevant werden. „Eine Entlastung setzt eine hinreichende Belastung voraus“, so Wilcken, „und die haben wir hier nicht“.
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