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■ US-Präsident Bill Clinton sucht Mexiko heimBrennender Unmut und ein wenig Lob

Bill Clinton besucht dieser Tage Mexiko – zu einem Zeitpunkt, da die Beziehungen zwischen beiden Staaten auf dem Tiefpunkt sind. Die neuen Migrationsbestimmungen der USA haben die mexikanische Seite verstimmt. Mexikos Regierung hat noch wenige Tage vor Clintons Besuch die nationale Anti-Drogen-Behörde wegen Korruptionsvorwürfen und Verfilzung mit der Drogenmafia aufgelöst – ein Zugeständnis an Clinton. Aber das ist nicht ausreichend, um jene zu beruhigen, die von der Partnerschaft mit Mexiko ohnehin nichts wissen wollen.

Clinton braucht den Besuch, weil er Nafta braucht. 1993 setzte er sich gegen alle Widerstände im eigenen Land dafür ein, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko auf den Weg zu bringen. Schon ein Jahr später war er gezwungen, mit Millionenhilfen an Mexiko einzuspringen, als das wirtschaftliche Stabilitätsprogramm des ehemaligen Präsidenten Raul Salinas wie ein Kartenhaus zusammenfiel und Mexiko vor dem wirtschaftlichen Kollaps stand. Clinton hat Nafta zu seinem Projekt gemacht – die Mexikaner müssen da irgendwie mitziehen, und wehe, sie spuren nicht.

So ist es kein Zufall, daß sich Mexiko sowohl in der Drogen- wie auch in der Handelspolitik eher als Spielball der Interessen des US-Präsidenten fühlt denn als gleichberechtigter Partner. Der Besuch Clintons, schreibt die mexikanische Tageszeitung Jornada, trifft „überall im Land auf tiefes Unwohlsein und Verärgerung“. So verwundert es nicht, daß die US-AmerikanerInnen schon am ersten Tag des Clinton-Besuches wieder jene Bilder über ihre Fernsehschirme flackern sehen, die sie am wenigsten mögen: Demonstranten, die die Stars and Stripes verbrennen und den US-Präsidenten zum Teufel jagen wollen.

Ganz anders Präsident Ernesto Zedillo. Der lobt Clinton seit Tagen in den höchsten Tönen – und erhofft sich von dessen Besuch offensichtlich neuen Rückhalt für seine gebeutelte Staatspartei PRI, die Gefahr läuft, bei den Parlamentswahlen im Juli von der konservativen PAN überholt zu werden. Die Oppositionsführer versichern, bei ihren Treffen mit Clinton keine innenpolitischen Themen anzusprechen, in die sich die USA nicht einzumischen hätten – und so versuchen alle, den US-Präsidenten für sich auszunutzen. Die Beziehungen zum großen Bruder im Norden sind für lateinamerikanische Politiker halt noch immer ein essentieller Prüfstein. Bernd Pickert

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