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Kultivierte Rutschpartie

■ Alle über denselben Leisten: Der Pianist Krystian Zimerman in der Musikhalle

Gewiß hat sich der polnische Pianist Krystian Zimerman, der am Mittwochabend in der Musikhalle gastierte, etwas dabei gedacht, drei Sonaten zum besten zu geben, die zu den jeweils letzten zählen, die ihre Komponisten im Fach Klaviersonate zu Papier brachten. Drei Komponisten, die ihrerseits einer Reihe angehören: Haydn als Urvater der Wiener Klassik, Beethoven als Zentrum neben Mozart, Schubert als düster versprengter Nachfahre.

Aber Krystian Zimerman schien es nicht um Unterschiede zu gehen, sondern um Ähnlichkeit. Er schlug die drei Klassiker allesamt über denselben Leisten seiner über jeden Tadel erhabenen Klaviertechnik.

Schon bei Haydn geht die Gleichung indessen nicht auf. Sosehr er Mozart und Beethoven Orientierungshilfe für bestimmte Kompositionsprinzipien war, sosehr schaut der Haydn der Sonate Es-Dur Hob.XVI/49 von 1790 bereits selbst auf Mozart.

Einzig Schuberts Weg in romantisches Neu- und Niemandsland geriet Zimerman plausibel in der Zartheit und Wehmut des Andante der A-Dur Sonate D.959, die freilich den Sphären schon merklich entgegenschwebt, in der die eigentliche musikalische Heimat des Polen liegt: In der rauschhaften Melancholie Chopins oder in der Großartigkeit Liszts.

Kammermusikalische Passagen nahm der Pianist durchweg orchestral und ließ meist die bei allen drei Wiener Meistern dominierende Mehrstimmigkeit zu harmonischer Struktur zusammenfließen. Aus Barockverzierungen und Trillern fertigte er elegante kleine Arpeggien, zusammengefügt aus filigranen Stufungen und Rutschpartien.

Krystian Zimermans Spiel ist viel zu kultiviert für die immer irgendwo auch subtil-deftige Weiterführung der Volksmusik, die für den Ton der Wiener Klassik wesentlich ist. Statt Kontraste und jäher Ausbrüche liebt der polnische Pianist die stillen Abstufungen. Das dynamische Geschehen spielt sich bei ihm vorwiegend im Mezzo-Bereich ab. Gewiß edel. Aber - bei Haydn, Beethoven, Schubert - halt auch ein wenig langweilig.

Stefan Siegert

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