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Warten auf das Gute oder den Geburtstag

■ Demonstrative Wortschläge und brave Absurditäten: Hans Rosenhauer inszeniert Harold Pinters beziehungsarmes Stück „Die Geburtstagsfeier“im Theater im Zimmer

Schiefergrau und karg ist der Bühnenraum. Trostlos und ohne erkennbaren Sinn verhallen die Sprachfetzen. Sie sind wie das Kleid von Meg (Monika Barth), die zerschlissene Jacke von Petey (Karl-Ulrich Meves) oder wie der Tee, der aussieht wie Soße.

„Sag mir Bescheid, wenn was Gutes kommt“, sagt Meg zu Petey. Es wird nichts Gutes kommen, und Meg könnte aufhören zu fragen. Die Geburtstagsfeier von Harold Pinter, die in der Inszenierung von Hans Rosenhauer am Donnerstag im Theater im Zimmer Premiere hatte, ist ein leises und eindringliches Stück über die Zerstörung dieser letzten absurden Hoffnung auf etwas Gutes.

Es ist ein Stück über die Vernichtung, vorgeführt an einer kleinen und grotesken Geschichte, die unter Rosenhauer ein bißchen zu artig gerät.

Meg und Petey – zwei Personen, die man ein Ehepaar nennen würde, wenn es bei Pinters Stück überhaupt menschliche Beziehungen gäbe – leben in ihrer kleinen Pension, irgendwo in England. Wie Meg beteuert, ist diese Pension in einem Prospekt vermerkt „als durchaus empfehlenswert“. Gleichwohl ist „der Junge“seit langem schon ihr einziger Gast. Er heißt Stanley (Joachim Lautenbach) und könnte ihr Sohn sein. Jeden Morgen bringt Meg ihm eine Tasse Tee – auch am Morgen seiner Geburtstagsfeier. Es ist ein Tag, von dem niemand weiß, ob es ihn überhaupt gibt, und der so als absurde Größe den Gang der Inszenierung bestimmt. Zwei Herren tauchen plötzlich aus dem Nichts auf, bedrohlich und, wie sie sagen, einzig zu dem Zweck dieser Geburtstagsfeier. „Weiß er denn nicht, daß er Geburtstag hat“– „Ich weiß nicht, er hat nichts gesagt.“Er hat nichts gesagt, und er wird auch nichts mehr sagen. Denn diese Geburtstagsfeier ist schlicht eine Hinrichtung, mit Trinkspruch und Vergewaltigung und allem. In aller Selbstverständlichkeit stehen sie plötzlich im Raum der Inszenierung: Goldberg (Holger Mahlich) und McCann (Thor W. Müller), angezogen wie Gestalten auf einem Magritte-Gemälde, mit Bowler-Hut und schwarzem Anzug.

Die Aufführung markiert diesen Einbruch der zweifach personifizierten Gewalt deutlich durch eine Steigerung des Tempos und durch eine jetzt offene Spielsituation. Es herrscht Verhör und das Wort wird zum Folterinstrument. Jeder Satz klingt wie eine Drohung - „Sie kommen heute.“Mit manchmal allzu demonstrativem Nachdruck wird hier das Sprechen als ein Zustoßen, Nachtreten und Schlagen inszeniert. Bis sie Stanley erledigt haben und es selbst den Folter-knechten einen Moment so vorkommt, als sei eine gewisse Grenze erreicht. Elisabeth Wagner

bis zum 21. Juni, außer Mo tgl. 20 Uhr (So 19 Uhr), Theater im Zimmer, Alsterchaussee 30

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