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So kitschig, so kultig, so schön

Die „Hamburger Ehe“für Lesben und Schwule: Wie kann das auf Landesebene überhaupt funktionieren?  ■ Von Silke Mertins

Sabines beste Freundin ist entsetzt. „Heiraten?“Sie schüttelt sich. „Du wirst alt und spießig“, bricht es aus ihr heraus. Hat frau nicht mal eine ganz andere Gesellschaft gewollt? Ist die Feministin als solche und die lesbische sowieso nicht gegen die staatliche Kontrolle der Liebe und die Hätschelung der Institution Ehe? Geht es nicht darum, alle Lebensgemeinschaften gleichzustellen?

Die Argumente perlen an Sabine ab. Sie liebt, und zwar „wahnsinnig“. In Weiß und „öffentlich“will sie ihrer Herzensdame das Jawort geben, in Sekt baden, einen Hochzeitskuchen anschneiden, „immer und ewig“rufen. „Ich finde Rituale super“, quietscht sie. „Werde doch meine Trauzeugin!“

Noch naht das Ende dieser wunderbaren Freundschaft nicht. Denn noch müssen Sabine und alle anderen heiratswütigen Homo-Paare ausharren. Die christliberale Koalition beabsichtigt nicht, Vorreiterin in Sachen Gleichstellung zu werden. Doch die GAL verspricht in ihrem Wahlprogramm einen landespolitischen Sonderweg: die „Hamburger Ehe“. Sie beauftragte den Berliner Rechtsanwalt Dirk Siegfried mit einem Gutachten zur Erforschung der Lage. Ergebnis: Es geht.

Wenn die aufsichtsführende Innenbehörde die vollzogene Homo-Ehe nicht anficht, besteht sie. Denn das Bundesverfassungsgericht hat lediglich einen Rechtsanspruch auf Heirat bei gleichgeschlechtlichen Paaren negiert, nicht die Möglichkeit. Allerdings wäre, solange das Bundesgesetz nicht geändert wird, die standesamtliche Ehe nur in Hamburg gültig und käme damit einer „domestic partnership“gleich, wie es sie in den Niederlanden in 70 Kommunen gibt. Das Kind heißt somit korrekterweise „landesrechtlich registrierte Partnerschaft“.

Die Auswirkungen einer „Hamburger Ehe“wären dennoch mehr als Symbolik. Viel wäre Enrico und Sven erspart geblieben. „Ich hätte bei meiner Hochzeit nämlich lieber was mit Schlitz getragen“, schmollt der Argentinier. Aber das durfte nicht sein. Um überhaupt an der Seite „dieses tollen Mannes“bleiben zu können, mußte eine „Kreuzheirat“mit einem ebenfalls binationalen lesbischen Paar arrangiert werden. Bei Arbeitslosigkeit, Schulden oder Krankheit kann das zu größten Komplikationen führen.

Nach dem Hamburger Modell könnte die Innenbehörde den ausländischen PartnerInnen eine Aufenthaltsgenehmigung erteilen, wie es auch bei verheirateten Hetero-Paaren üblich ist. Denn diese Regelung liege nicht nur im Weisungsbereich eines Innensenators, sondern sei auch durch ein Münsteraner Urteil vom 7.8.96 abgesichert, so Rechtsgutachter Siegfried.

Bessere Zeiten würden auch für sozial schwache Homo-Ehepaare anbrechen. Sie könnten nach dem GAL-Modell einen gemeinsamen Wohnungsberechtigungsschein für eine Sozialwohnung in Anspruch nehmen. Eine Regelung, die besonders den immer noch schlechter als Schwule verdienenden lesbischen Paaren Vorteile brächte. Das Auskunftsrecht im Krankheitsfall, ebenfalls landespolitisch zu lösen, wäre eine dritte entscheidende Verbesserung für Lesben und Schwule.

Ob die „Homo-Ehe“dennoch „fürn Arsch“ist, diskutieren am kommenden Mittwoch unter anderen GAL-Spitzenkandidatin Krista Sager, Schauspieler Broder Hinrichsen (Gero aus „Verbotene Liebe“) und taz-Chefredakteurin Klaudia Brunst („Bevor ich meine Freundin heirate, gebe ich lieber meinem Hund das Jawort.“).

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