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Gericht stoppt Abschiebung von Bosniern

■ Eilentscheidung des Verwaltungsgerichtes gegen Ausländeramt: Versorgung von bosnischen Flüchtlingen ist nicht gewährleistet / Innensenator will Urteil vor dem OVG anfechten

300 Bosnier können - vorerst - aufatmen: Sie dürfen in Bremen bleiben. In einer Eilentscheidung hat das Verwaltungsgericht Bremen gestern die Abschiebung von mehreren Staatsangehörigen Bosnien-Herzegowinas vorerst gestoppt. Das bedeutet: Nicht nur Flüchtlinge, die aus der serbisch besetzten Republik Srpska stammen, müssen künftig nicht zurück, sondern Menschen aus dem gesamten bosnischen Gebiet.

Als „Durchbruch“bezeichneten Bremens Ausländerbeauftragte Dagmar Lill, die Flüchtlingsinitiative sowie der ausländerpolitische Sprecher der Grünen, Arendt Hindriksen, das Urteil. Als „sehr hilfreich“wertete auch Barbara Wulff von der SPD die Entscheidung. „Hoffentlich hat sie auch in höheren Instanzen Bestand.“Die Sorge ist berechtigt: Der Senator für Inneres kündigte prompt an, das Oberverwaltungsgericht anzurufen. Eine höchstrichterliche Klärung sei „zwingend erforderlich“.

In seiner Begründung nimmt das Bremer Verwaltungsgericht umfassend zur Lage in Bosnien Stellung. Die Richter weisen auf die ungeklärte Registrierung der Flüchtlinge bei ihrer Rückkehr in Bosnien hin. Die förmliche Registrierung aber sei die „Voraussetzung für die zur Sicherung des Existenzminimums erforderliche Aufnahme der Rückkehrer“in die Hilfsprogramme internationaler Organisationen, für die medizinische Versorgung wie für die örtliche Vergabe von Wohnungen, Arbeit, Geld.

Ähnlich hatte in den vergangenen Monaten auch das UN-Flüchtlingskommissariat immer wieder argumentiert: Die Leute kämen in völlig überfüllte Städte ohne jegliche Infrastruktur. Ihre Versorgung sei fast unmöglich. Auch Bürgermeister der wenigen als sicher geltenden Städte und Orte – zum Beispiel Tuzla – haben bereits darauf verwiesen, mit der Re-Integration der Rückkehrer überfordert zu sein.

Der Bremer Innensenator verweist dagegen auf Entscheidungen anderer Gerichte, die eine Rückführung nach Bosnien-Herzegowina für zumutbar halten. „Angesichts von bisher bundesweit über 35.000 freiwillig zurückgekehrten Kriegsflüchtlingen erscheint aus Sicht des Senators die Auffassung, wonach selbst ein Moslem auch im Föderationsgebiet keinerlei Möglichkeit des Unterkommens finden kann, kaum nachvollziehbar“, heißt es in einer Erklärung des Ressorts.

Tatsächlich geht das Bremer Urteil über die bundesweite Politik weit hinaus: Die Innenminister der Länder und des Bundes verständigten sich bei ihrer Konferenz am 7. Juni lediglich darauf, zunächst keine Flüchtlinge abzuschieben, deren Heimatorte im serbisch besetzten Srpska liegen. Zuvor hatte sich eine Reihe prominenter Politiker – unter ihnen der ehemalige Bremer Bürgermeister Hans Koschnick – für einen vollen Abschiebestop ausgesprochen.

Angesichts der anderslautenden Urteile anderer Gerichte sah auch der Pressesprecher der Bremer CDU-Fraktion, Guido Niermann, gestern weiteren Klärungsbedarf: „Eine Entscheidung des OVG scheint mir unerläßlich.“Hindriksen (Grüne) hingegen bedauerte, daß „bürokratische und nicht humanitäre Gründe zu der Entscheidung geführt haben“, und forderte den Innensenator auf, das OVG nicht anzurufen. „Er soll Ruhe geben und die Entscheidung akzeptieren. Sonst beruft er sich ja auch immer auf die Gerichte.“ jago

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