Nachgefragt: Der Haushaltsentwurf ist „schlichter Unfug“
■ Dieter Mützelburg (Grüne) kritisiert den Doppelhaushalt 1998/99 der Koalition Dieter Mützelburg, Finanzexperte der Grünen, kritisert den von der Koalition vorgelegten Entwurf für einen Doppelhaushalt 1998/99: Völlig unzureichend, nicht ausgeglichen und für 1999 unmöglich, sagt der Grüne, der auch Vorsitzender des Haushaltausschusses ist.
Das Bundesland Bremen hat seine 10 Milliarden Sanierungsmark vor allem für ein Investitions-Sonderprogramm (ISP) genutzt. Das, mit dem die Wirtschafts- und Steuerkraft gestärkt werden sollte. In den nächsten Jahren stehen deshalb gigantische Ausgaben an, die Steuereinnahmen dagegen brechen weiter weg. Diesen gordischen Knoten aufzuknüpfen, ist die Aufgabe des Haushaltsausschusses, der für 1999 den ersten Etat ohne 1,8 Milliarden Bonner Hilfe denken muß.
taz: Die Bürgermeister Scherf und Nölle haben den Entwurf für den Doppelhaushalt 1998/99 gefeiert. Haben Sie mitgefeiert?
Dieter Mützelburg: Quatsch. Der Doppelhaushalt ist schlichter Unfug. Drei Ressorts haben nicht mal auf dem Papier einen ordentlichen Haushalt vorgelegt, Bildung, Kultur und Häfen. Die Koalition hat dazu keine Lösungen vorgeschlagen. Zur abschließenden Beratung sind diese Haushalte bis zum September vertagt worden.
Welche Probleme gibt es?
Der Haushaltsentwurf geht von zu hohen Einnahmen aus, in den Planungen für 1998/99 sind die zu erwartenden Steuerausfälle von insgesamt 230 Millionen Mark noch nicht berücksichtigt. Bei den Ausgaben fehlen dagegen die Gelder, die aufgrund des Zerfalls des Bremer Vulkan, aufgrund der Probleme der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft und für den noch einzurichtenden Stadtreparaturfonds den Haushalt zusätzlich belasten werden. Wenn man das berücksichtigt, klafft tutti frutti eine Lücke von 900 Millionen Mark.
Was ist mit weiteren Sanierungshilfen ?
Niemand weiß bislang, ob solche Hilfen, die wir vier Jahre lang 1995-1998 hatten, verlängert werden und für 1999 wieder fließen. Im Haushalt stehen deshalb keine Sanierungshilfen auf der Einnahmeseite, ausgegeben wird die Summe aber dennoch. Dafür sind 1,4 Milliarden Mark Kreditaufnahme ausgewiesen. Aber wenn sich Bremen in dieser Geschwindigkeit neu verschulden muß, dann sind wir innerhalb kürzester Zeit richtig und endgültig bankrott.
Wann entscheidet sich, ob neue Sanierungshilfen zur Deckung laufender Haushaltslöcher nach Bremen fließen?
Kann man schlecht sagen. Sicher nicht vor Frühjahr 1998.
Was würden Sie anders machen, wenn Sie könnten, wie Sie wollen?
Für 1999 hilft nur das Prinzip Hoffnung, daß der Bund weiter zahlt. Bremen kann aus eigener Kraft im Moment nicht dauerhaft seinen Haushalt decken. Es ist deshalb absolut unsinnig, jetzt schon für 1999 einen Haushalt zu beschließen.
Über die Lücken, die die Altlasten und die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft gerissen haben, muß man sich verständigen, wie man die deckt. Man sollte die Gelder aus den Bremer Entsorgungsbetrieben nehmen, aber nicht, indem man sie verkauft. Wir schlagen vor, sie in eine Gesellschaft öffentlichen Rechts umzuwandeln und dann zu beleihen.
Sie würden jetzt also nur den Haushalt für 1998 beraten?
Sicher. Das ist üblich und vernünftig. Aber die Koalition möchte sich natürlich vor dem Wahljahr 1999 nicht mit Haushaltsdebatten belasten. Aber ich prophezeie ihr, sie werden sie bekommen!
Fragen: Thomas Schumacher
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