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Beifall für neue Kita-Gebühren

■ Eine Woche vor dem Stichtag legt die Sozialbehörde das neue Gebührenkonzept für Kitas vor / Für alle wird es ab 1. August billiger – nur für Geringverdiener und für den Senat nicht

Eben noch beklagten die Wohlfahrtsverbände, sie warteten „händeringend“auf eine neue Kita-Beitragsordnung – jetzt liegt der Entwurf auf dem Tisch. So schnell geht das bei Staatsrat Hans-Christoph Hoppensack im Sozialressort. „Ein riskantes Unternehmen bei diesem Tempo“, gab dieser denn auch unumwunden zu und präsentierte ein Ergebnis, das von den Elternverbänden bis hin zu den politischen Parteien viel Beifall findet: Für die Kita-Plätze ihrer Sprößlinge müssen Eltern mit mittlerem und hohem Einkommen ab August zum Teil ein Drittel weniger bezahlen.

Einspruch erwartet Staatsrat Hoppensack allerdings aus der Finanzbehörde: Die nämlich muß mit Mindereinnahmen zwischen zwei und sechs Millionen Mark rechnen. Hier scheiden sich denn auch die Geister der Koalition, die dem Entwurf vorgestern generell erst einmal zustimmten: Die SPD will für die Mehrkosten den Senat als Ganzen haften lassen – die CDU geht davon aus, daß die Sozialsenatorin die Kosten trägt.

Penibel hält sich die Sozialbehörde an die Vorschläge des Bremer Oberverwaltungsgerichts (OVG). Dieses hatte im Juni die zur Zeit noch geltende Beitragsordnung für unrechtmäßig und ab August für ungültig erklärt und eine pauschalierende Staffelung der Beiträge bei einem gesenkten Höchstsatz angeregt. Dem hat sich die Sozialbehörde nun gefügt. Der Höchstsatz für einen Ganztags-Kitaplatz wird von bisher 619 auf 460 Mark gesenkt; der Halbtagssatz von 349 auf 220 Mark. Fällig wird der Höchstsatz bei einem Bruttojahreseinkommen von 96.000 Mark. Entscheidend für die neuen Sätze war die Vorgabe des OVG, daß die Eltern für ihren gesetzlich zugesicherten Kindergartenplatz nicht mehr zahlen sollten als sie Kindergeld bekommen.

Wer 100.000 Mark im Jahr verdient, wird nach dem Entwurf nun 150 Mark weniger für seinen Kita-Platz bezahlen. Beibehalten wurden hingegen die Mindestbeiträge von 48 Mark für Sozialhilfeempfänger und Geringverdienende mit Einkommen unter 27.000 Mark im Jahr.

Verteilungspolitisch sei dies kaum zu verantworten, betonte Hans-Dieter Hoppensack: „Wer hat, dem wird gegeben“– familienpolitisch aber habe man sich den Argumenten des OVG gebeugt: Eine Vertreibung der Besserverdienenden durch unangemessen hohe Beiträge sei auch nicht hinnehmbar – „selbst wenn es sich nur um einen Prozent der Beitragszahler handeln sollte“. Zwischen Mindestsatz und Höchssatz sollen sich nach dem Willen der Sozialbehörde nun die Beitragssätze in zwölf Stufen staffeln. Die Brutto-Einkommensstufen steigern sich in 6000-Marks-Stufen – jede Stufe zieht eine Beitragserhöhung von 40 Mark im Monat nach sich (Halbtags: 30 Mark).

„Eine gute Verhandlungsgrundlage!“, so kommentierte Rolf Wroblewski vom Elternrat für städtische Kindergärten den Entwurf – und auch die Grünen sprechen von einem „tollen Erfolg der Eltern“, die mit ihrer Klage gegen die Beitragsordnung den Stein ins Rollen gebracht hatten. Bis in die zweite Augusthälfte werden mögliche Einwände der Wohlfahrts- und Elternverbände in den Entwurf noch eingearbeitet. Am 27. August geht er in die Deputation. Da wird man sich darüber streiten, wer die Zeche zahlt – an dem Entwurf selber aber wird kaum noch gedreht werden. äff

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