Das Portrait: Der Gentleman muß zurück nach England
■ Ronald Arthur Biggs
Die letzten Jahre hat er davon gelebt, mit Touristen zu posieren oder T-Shirts mit seinem Konterfei zu verkaufen. Unter der Internet- Homepage http://www. bscene.com.au/biggs/haul. html werden gar von ihm original-signierte Pfundnoten angeboten. Der Mann macht sein Image zu Geld – dabei war Ronald Arthur Biggs (67) einmal richtig reich. Ganz kurz.
Am 8. August 1963, um 3 Uhr morgens, überfiel Biggs mit 15 anderen Männern den Postzug von Glasgow nach London. Sie erbeuteten die Rekordsumme von 2.631.784 englischen Pfund, heute wären das rund 30 Millionen Pfund, umgerechnet Der Coup ist bis heute der spektakulärste Postraub der Geschichte. Die Tat wurde mehrfach verfilmt, in Deutschland mit Horst Tappert in der Hauptrolle. Der Großteil der Beute ist nicht wieder aufgetaucht.
Biggs wurde geschnappt wie die meisten anderen und zu einer Haftstrafe von 30 Jahren verurteilt – aber schon nach 15 Monaten gelang ihm mit einem Sprung über die Mauer des Londoner Wandswarth-Gefängnisses die Flucht. Biggs ließ sein Gesicht chirurgisch verändern, floh zunächst nach Australien, wo er sich einige Jahre unter falschem Namen aufhielt. Es heißt, ein Reiseprospekt mit einer nächtlichen Aufnahme des Zuckerhuts von Rio de Janeiro habe ihn 1970 nach Brasilien gezogen.
Als die britische Presse ihn 1974 in Rio aufspürte und Scotland Yard um seine Auslieferung nachsuchte, hatte Biggs bereits ein Kind mit einer Brasilianerin und durfte deshalb nicht ausgeliefert werden, zudem ein entsprechendes Abkommen zwischen Großbritannien und Brasilien ohnehin nicht bestand. Das hat sich mittlerweile geändert. Das Auslieferungsabkommen hat alle parlamentarischen Hürden genommen, und die Polizei, so fürchtet jedenfalls Biggs' Anwalt, „könnte ihn jeden Moment verhaften“.
Biggs will nicht dagegen angehen. Noch könnte er nach China, nach Algerien, nach Zypern oder Kongo flüchten – all diese Staaten haben kein Auslieferungsabkommen mit Großbritannien. Aber fliehen will er nicht mehr. Die britischen Gefängnisse, meint er lakonisch, seien ja wohl besser geworden: „Sie haben heute Fernsehen.“ Bernd Pickert
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