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Sport macht schlau...

■ In Bremen gibt es jetzt die erste „Schule mit sportlichem Profil“/ Sponsor ist der Bremer Fußballverband / 31 SchülerInnen werden gefördert

Der Bremer Fußballverband ist ab dem kommenden Schuljahr 1997/98 Sponsor des Schulzentrums Obervieland. Mindestens 31 FußballerInnen aus Bremens Landesauswahlmannschaften versammeln sich dann an der ersten Bremer „Schule mit sportlichem Profil“, um sich hier schon früh auf ihre Zukunft als Werder-Profi und NationalspielerIn vorzubereiten. Die jungen AusnahmefußballerInnen – acht Mädchen sind darunter – sollen in Obervieland eine besondere Betreuung erfahren, für die vor allem der Bremer Fußballverband aufkommen will. An zwei Nachmittagen in der Woche werden die Talente von den Werder-Trainern Thomas Schaaf und Frank Neubert oder von Wilfried Zander, dem Verbandstrainer, an den Sportstätten in Obervieland trainiert, für die Anfahrt steht ihnen der Werder-Bus zur Verfügung. Die Kosten trägt der Bremer Fußballverband, der sich davon eine bessere Sichtung des Talentmarktes erhofft.

In der Schule soll den Kids aus Bremens D-Auswahl dafür mit Nachhilfe und ein bißchen Flexibilität unter die Arme gegriffen werden. Die sportpolitische Sprecherin der CDU, Monika Harms, die auf einer Pressekonferenz das Konzept vorstellte, erwartet, daß die Schüler für ihre Wettkämpfe und Lehrgänge von der Schule freigestellt werden und anschließend ein bißchen Nachhilfe bekommen. Als langfristiges Ziel, so stellt Frau Harms sich „etwas kess“vor, könnten die Lehrer beispielsweise ein paar Stunden von ihrer Vor- und Nachbereitungszeit für die Hausaufgabenhilfe der künftigen Bremer Fußballstars opfern.

Immerhin dreizehn Schulen hatten sich um den Titel einer „Schule mit sportlichem Profil“beworben. So manches persönliche Eigeninteresse spielte da mit. Werder Bremen, mit seinen beiden Trainern Schaaf und Neubert, hätte die Profil-Schule gern in der Schaumburger Straße vor der eigenen Tür gesehen. Der Jugendtrainer des Werder-Sportvereins, der als Lehrer allein sechs der Auswahlspieler bei sich in der Schule an der Drebber Straße versammelt hatte, bewarb sich um die Auszeichnung. Und auch der Lehrer Siegfried Jezewski, ehrenamtlich Chef des Bremer Fußballverbandes, hätte seine Schule in der Bergiusstraße gern sportlich profiliert.

Die Entscheidung lag bei der Bildungsdeputation. Diese gab im April den Zuschlag an Obervieland. Der Grund, so die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Ulrike Hövelmann, sei nicht zuletzt sozial begründet: „Die Schule liegt im Einzugsgebiet von Kattenturm.“Die soziale Zusammensetzung dort in der Sekundarstufe I sei heikel. Vielleicht werde die sportliche Profilierung der Schule sich hier positiv niederschlagen: „Sowas hat auch immer Auswirkungen auf das Schulklima.“Weitere Kriterien der Deputation: Die guten Sportanlagen, der Mittagstisch, eine gute Verkehrsanbindung – und daß am Schulzentrum Obervieland eine Mädchen-Fußballmannschaft existiert, die schon mal deutscher Meister war. Außerdem, so betont die SPD-Abgeordnete, habe man in Obervieland versprochen, sich auf den Fußball nicht zu beschränken: Auch in der Leichtathletik und im Handball wolle man sich in Zukunft um spitzensportliche Leistung bemühen.

Hintergrund für die sportliche Profilierung des Schulzentrums Obervieland ist der Beschluß der Ampelkoalition 1994, daß Schulen eigene Schwerpunkte ausbilden sollen. Die sportpolitische Sprecherin der CDU, Monika Harms, interpretierte dies gestern als Eliteförderung. Es gehe um die langfristige Förderung des Leistungssports. Viele Sportlehrer würden ihr Fach noch immer für „Bewegungszeiten“halten, „in denen die Kinder ihr Glück finden“. Hier sei Nachschulung vonnöten. Denn daß man als Sportler klüger wird, das sei jüngst auf einem Kongress medizinisch bewiesen worden, so gestern Frau Harms. Sport sei nicht nur für motorisch Begabte. „Erhöhte Sauerstoffzufuhr fördert auch die kognitive Leistungsfähigkeit.“ ritz

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