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Ein Herz für Ost-Camembert

■ Noch immer bleiben Artikel aus Ostdeutschland im Regal liegen. Mit Einkaufsmessen will Kohl das ändern

Berlin (taz/AP) – Rotkäppchen-Sekt und Wernesgrüner Bier sind den meisten noch ein Begriff. Doch wer kennt Rügener Sahnecamembert oder Original Thüringer Pflaumenmus? Immer noch gelangen ostdeutsche Lebensmittel und Konsumgüter kaum in die Kaufhäuser: Selbst in den neuen Ländern stammt nicht mal jedes fünfte Produkt aus heimischer Erzeugung, und in den alten Bundesländern kommt bloß jeder zwanzigste Artikel aus dem Osten.

Mit einer Ausstellung in Kooperation mit dem Handel will Helmut Kohl das nun ändern: Gestern eröffnete er in Düsseldorf die bisher größte Einkaufsmesse für ostdeutsche Produkte. Nur jedes dritte westdeutsche Geschäft habe überhaupt Produkte aus den neuen Ländern im Angebot, klagte der Kanzler in seiner Rede. Dabei seien die Ostprodukte längst in Design, Qualität und Preis konkurrenzfähig.

Rund 900 ostdeutsche Hersteller präsentieren in Düsseldorf drei Tage lang Vertretern von Supermarktketten und Filialisten ihre Produkte. Geht es nach den Handelsriesen, dann kommen ostdeutsche Produkte vor allem für ihre Eigenmarken in Betracht, wenn die Produkte also nicht mehr als ostdeutsch identifizierbar sind.

Nach der Wiedervereinigung ruinierten der wirtschaftliche Umbruch und das Verlangen der Ostkunden nach Westprodukten viele Ostfirmen. Auch die derzeitigen Nostalgiewelle für alte DDR-Marken, hilft bei Allerweltsprodukten nicht weiter. Noch immer scheitert der Vertrieb Tengelmann und Metro zufolge auch an den Kunden: Artikeln aus den neuen Ländern seien oft einfach zu wenig bekannt. Und am Ende, das machen die Konzerne immer wieder klar, müßten auch Qualität, Preis und Lieferzuverlässigkeit stimmen – da nützen selbst salbungsvolle Kanzlerworte nichts. Immerhin kündigte ein Rewe-Sprecher eine Art Ostquotierung an: „Bei gleicher Qualität und Preis erteilen wir ostdeutschen Lieferanten den Zuschlag.“ urb

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