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Verschrödertes Hamburg

■ FDP geißelt Hamburger Law-and-Order-Politik. Voscherau weist Kritik zurück

Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) hält die Hamburger Bundesratsinitiative zur Stärkung der Inneren Sicherheit für unnötig. Der gesetzliche Rahmen sei ausreichend, sagte er gestern anläßlich einer Klausurtagung der FDP-Bundestagsfraktion in Hamburg. Nur leider setze Hamburg nichts um. Auch Bürgermeister Henning Voscheraus (SPD) Forderung nach geschlossener Unterbringung von jugendlichen Straftätern lehnt er als überflüssig ab. „Es gibt die Möglichkeit einer Tag- und Nachtunterbringung – davon wird in Hamburg aber kein Gebrauch gemacht.“

Diese Behauptung wies Voscherau gegenüber der taz als unwahr zurück. „Alle möglichen Alternativen zur geschlossenen Heim-unterbringung werden in Hamburg genutzt“, sagte er. „Träger der Jugendhilfe haben in Einrichtungen oder sogenannten Lebensgemeinschaften 2116 Plätze zur Verfügung.“Davon würden 80 Prozent rund um die Uhr betreut. Jugendlichen unter 16 Jahren stünden grundsätzlich Tag und Nacht Erziehungspersonen zur Verfügung.

Voscherau geht es nicht um Betreuung, sondern darum, junge Straftäter in einer modifizierten Form der abgeschafften Erziehungsheime unterzubringen. „Der Verzicht auf geschlossene Heimunterbringung im Sinne der früheren Fürsorgeerziehung erfordert wirksame Alternativen“, heißt es in seiner Bundesratsinitiative.

Schmidt-Jortzig warf Voscherau außerdem vor, die Strafverfolgung bei Jugendlichen zu vernachlässigen. Haushaltsdefizite seien keine Rechtfertigung für die staatsanwaltschaftliche Unterbesetzung. „Das sind Prioritätsentscheidungen“, so der Bundesjustizminister.

Im Hamburger Wahlkampf laufe eine „Überbietungsaktion im Schrödern“, behauptete er außerdem. Der hanseatische Spitzenkandidat Frank-Michael Wiegand warf Voscherau gar vor, „Dämme zu brechen, die sich in Wahlergebnissen für die Rechten“niederschlagen werden.

Sowohl Wiegand als auch der Fraktionschef der Bundes-FDP, Hermann Otto Solms, vergleichen Schröder mit dem österreichischen Rechtsaußen Jörg Haider. Zu einer inhaltlichen Begründung sah Solms sich allerdings nicht in der Lage. Wiegand bezog den Vergleich auf Schröders „Methoden“und sein „populistisches und unehrliches Spiel“. Silke Mertins

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