■ Press-Schlag: Arme Teufel aus der Sammelumkleide
TuS Herten ist ein romantischer Name für einen Sportverein. TuS, das klingt – und riecht förmlich – nach Stoffturnschuhen, Sammelumkleide und Hautabschürfungen auf fiesem Holzparkett. Leider hat sich der Hertener Club, wahrscheinlich des entsetzlichen „Ruhrpott!“-Krakeels wegen, in Ruhr Devils umbenannt und muß ab nun in einer allerdings veritabel potthäßlichen Allzweckarena in Oberhausen antreten. 12.000 Leute fänden hier potentiell (bzw. in diesem Fall: pottentiell) Platz, obwohl der TuS Herten bislang mit ca. 1.000 Turnhallenbesuchern pro Heimspiel sehr zufrieden war. Nach einer guten Idee klingt dieses zwanghafte Hype-Zeug nicht.
Zum ersten Spiel der Korbballsaison 97/98 aber mußte Herten ohnehin reisen: nach Berlin, zu Alba, dem Meister aus Deutschland, wo Spieler wie Pesic junior, Rödl und leider auch Harnisch frisurmäßig jetzt so aussehen, als lebten sie im Lager und Pesic senior sei ihr Serben-Kommandant.
Zu gewinnen gab es für Herten von Anfang an nichts. Äußerst bequem, im Schongang fast, spielte Alba rasch einen Vorsprung zwischen 20 und 30 Punkten heraus, bei dem es bis zum Spielende blieb. So war das Spiel etwas öde anzusehen. Die Alba- Fans, nach der langen Sommerpause voller Brüll-Nachholbedarf, feierten trotzdem und bejubelten ihre Lieblinge Alexis und Harnisch. An den Neuen in der Mannschaft hatten sie ebenfalls ihre Freude: Vassilij Karassew und Vladi Bogojewic spielten gut, und auch Christian Welp traf nicht schlecht. Welp, noch am Freitag auf einem Foto in der jungen Welt mit einer Barttracht zu sehen, die ihn – wie alle Grunger – zum „Don Fotzembarto“ machte, hat sich wie Karassew an den Lager-Look bei Alba angpaßt: Kahl sind Kopf und Visage. Ob das Pflicht ist bei Pesic?
Wie gut Alba ohne die gegangene Spielmacher-Glatze Obradovic ist, wird man gegen einen echten Gegner sehen. Die Ruhr Devils aber sollten sich schleunigst in TuS Herten rückbenennen. Wiglaf Droste
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