piwik no script img

■ VorschlagCool bis in die Fingerspitzen: "The Odd One Dies" von Patrick Yau

Ein Schurkenleben Foto: Verleih

Wenn ein junger Mann seiner Freundin ungefragt die Käsesocken auswäscht, darf man zu Recht erwarten, daß auch der übrige Film vor Unappetitlichkeiten nicht zurückschreckt. Da enttäuscht die Gangstergeschichte um den scheinbar ewigen Verlierer Mo (Kaneshiro Takeshi) mitnichten. Takeshiro, der in „Fallen Angels“ als manischer Eisverkäufer nachts die Leute terrorisiert und nebenbei ein Homemovie mit seinem Vati dreht, gibt seinen Junggangster als Hongkonger Hobo mit ungepflegten Ponyfransen.

Da bekommt der abgerissene Vogel plötzlich einen Killerauftrag, verwettet den Vorschuß und gewinnt ein kleines Vermögen. Derart vom Glück begünstigt, heuert er einen Handlanger fürs Grobe an. Dieser jemand entpuppt sich als jüngst Strafentlassene, heißt Carmen (Carman Lee Yeuk Tung – die für den Film rauchen lernte und die Filterlose immer ganz tief zwischen den Fingern balanciert) und legt wenig Wert auf Äußerlichkeiten (s.o.). Zudem hegt sie noch eigene Pläne, um ihre verkorkste Kindheit zu rächen.

Überhaupt verdunkeln sich die Dinge mit Carmens Auftauchen melancholisch. Romantische Verwicklungen drohen. Böse Ahnungen kommen auf, und der bösartige Humor von Regisseur Patrick Yau dreht demgemäß auch noch mehr auf. Da gibt es dieses aus einer Fehde entsprungene unaufhörliche Fingerabhacken zum Beispiel oder andere stilbildende Wiederholungen wie der als Groteske inszenierte Kauf einer Waffe. Würde sich Yau dabei weniger an Wong Kar-wais Interieurs orientieren und an dessen Coolness abarbeiten, käme womöglich die genuine Lakonie von Yaus Erstlingswerk (vorher Fernsehen) noch mehr zum Tragen.

„It's a rascals life“ (ein Schurkenleben), bemerkt der stets etwas zerstreute Mo einmal altklug. Also bitte, wo, wenn nicht im Hongkong-Film, erwarten wir genau das zu sehen? Gudrun Holz

„The Odd One Dies“, Regie: Patrick Yau. Mit Kaneshiro Takeshi, Carman Lee Yeuk Tung, Honkong 1997, 85 Min.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen