: Das zweite Gesicht
■ Nicht nur für Kinder: Masken-Ausstellung im Übersee-Museum
Gar nicht altertümlich kommen jene Masken daher, die seit Donnerstag im Übersee-Museum präsentiert werden. Auch das Publikum zur Eröffnung konnte kaum ein jüngeres sein. Denn die Kunstwerke in der Sonderausstellung wurden während des letzten Jahres von Kindern und Jugendlichen aus Bremen und dem Umland hergestellt. Und sie passen doch ausgezeichnet zu den antiken Schätzen ihrer überseeischen Nachbarschaft. Jene exotischen Ritualmasken, die zumeist Götter und Dämonen darstellen sollten und die auf Anhieb faszinieren.
Ob nun Dukduk-Figuren aus Papua oder grimmige Nô-Fratzen – einige der musealen Kollegen waren sicher Vorbild für das, was nun neu entstand: In einfachster Ausführung von GrundschülerInnen auf Papier nachgezeichnet oder aufwendig in Leder und Ton gestaltet. Aus 22 Schulprojekten und Museumskursen präsentieren sich alle Altersgruppen und vielerlei Basteltechniken: Tierfiguren aus Pappmaché, Gesichtscollagen aus dem Computer, Holzskulpturen und glänzende Keramik-Larven.
Zusammen mit der Museumspädagogin Anka Bolduan hat Regina Contzen von der Landesarbeitsgemeinschaft Kunst (LAK) die Ausstellung konzipiert. Die LAK bringt seit Jahren besondere Projekte aus dem Bremer Schulunterricht an die Öffentlichkeit. Finanznot hin oder her, im musealen Unterricht herrscht trotz fehlender materieller Ausstattung ungebremste Kreativität. Besonderes Beispiel: die No-budget-Projekte der Pädagogin Anita Ketelsen am Schulzentrum Helsinkistrasse. Aus Sägemehl und Kleister, aus alten Fango-Packungen und Fundstücken entsteht in ihren Kursen originelles Kunst-Handwerk.
Zwischen den Arbeiten der Bremer SchülerInnen kann auch „erwachsene“Maskenkunst bewundert werden. In abgetrennten Gucckästen glotzen einem wunderschöne Übersee-Stücke entgegen, die eigens aus dem Museums-Magazin zutage gefördert wurden. Die Maskenbildnerin Silke Rosenthal hat gruselig-echte Theater-Masken aus Latex daneben gestellt. In einer Mitmach-Ecke dürfen Groß und Klein die Masken anfassen, aufsetzen und ausprobieren, wie es ist, dahinter zu verschwinden.
„Masken werden lebendig, wenn sie gespielt werden“, sagt Anka Bolduan. Vorgeführt wurde das bei der Eröffnung von einer Schulklasse unter Leitung von Luise Scherf. Und im Spiel zeigt sich auch erst, was das zweite Gesicht den jungen ProduzentInnen bedeutet. Regina Contzen erklärt dazu: „Ob als Verkleidung, Schutz oder als Ausdruck tabuisierter Charakterzüge, wie z.B. Wut: Das Maskenspiel hat eine befreiende Wirkung.“Das Begleitprogramm bietet verschiedene Mitmachaktionen und Kurse an, die sich nicht nur an Kinder richten. Besonders auch KunstpädagogInnen können sich hier fortbilden und den Austausch suchen. Mit der Anmeldung sollte man sich allerdings beeilen, einige der Workshops sind schon ausgebucht.
Helene Hecke
Ausstellung bis zum 9.11. im Übersee-Museum
Anmeldungen unter Tel.: 361-9736
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen