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■ Wie der Bügelweltmeister Richard Lee sein Talent entfaltete„Mit einem glatten Hemd fängt es an“

taz: Sie sind Bügelweltmeister und Guinness-Buch-Rekordhalter im... ja, wie sagt man eigentlich? Sagt man „Kunstbügeln“?

Richard Lee: Nein, einfach „Faltenbügeln“ wäre mir lieber.

Wie wird man denn Weltmeister im Faltenbügeln?

Jeder hat im Leben Ziele. Und irgendwann einmal durch Deutschland zu reisen und nur zu bügeln, war so ein Traum.

Wann haben Sie denn mit dem Bügeln angefangen?

Normales Bügeln habe ich von der Mutti gelernt. Dann war ich bei der Army, und da muß man auch bügeln. Und später habe ich in einem Restaurant in Karlsruhe gearbeitet. Und auch da mußte man jeden Tag ein frisch gebügeltes weißes Hemd tragen. Mein erstes Hemd hatte ich mir damals auf dem Flohmarkt gekauft. Aber das Hemd war viel zu groß – wie ein Kartoffelsack. Und da habe ich einfach mehrere Falten in den Rücken gebügelt, damit es paßte. Und außerdem hat es toll ausgesehen. Das war wie eine neue Erfindung. Bald schon bin ich dann kreuz und quer gegangen mit den einzelnen Bügelfalten – und plötzlich entstand ein Muster!

Inzwischen bügeln Sie sogar Buchstaben?

Ja, dazu kam es, weil man in dem Restaurant ein Namensschildchen brauchte. Das wollte ich aber nicht benutzen. Und da hat ein Kollege gesagt: „Dann bügel doch deinen Namen ins Hemd!“

Da war es dann aber praktisch, daß sie „Lee“ heißen...

...und nicht „Giggenheim“, meinen Sie? Na ja, als ich das erste Mal „LEE“ gebügelt habe, hat das acht Stunden gedauert, weil ich zwischendurch immer wieder den Faden verloren hatte.

Wie hat es denn angefangen mit Ihrer Karriere?

1990 war ich zu Gast im ZDF- Fernsehgarten. Eine Woche später kam dann ein Angebot von der Bügelbrettfirma Hailo für die „Ambiente '91“ in Frankfurt. Neun Tage habe ich da für die gebügelt und in den neun Tagen mehr verdient als sonst in drei Monaten.

Was machen Sie denn, wenn Sie nicht bügeln?

Ich denke ans Bügeln. Bügeln ist einfach gut. Es gibt nur einen, der das macht. Und das ist toll.

Das heißt, es gibt keine Konkurrenz?

Gar keine.

Da ist es einfach, Bügelweltmeister zu sein?

Ganz einfach! Das ist, als ob der Schumi mit seinem tollen Formel-1-Auto ganz allein auf dem Hockenheimring antritt. Der braucht dann nur eine Runde zu drehen, und schon hat er gewonnen, schon ist er Weltmeister.

Und wenn jetzt andere auch auf die Idee kämen?

Manchmal wünsche ich mir Konkurrenz. Das würde eine Gaudi geben. Und die Welt ist sehr groß. Sollen sie mich doch demnächst zu einem Herausforderer nach China schicken. Ich habe alle Zeit der Welt.

Meinen Sie, Faltenbügeln wird ein neuer Modetrend?

Gerne! Ich habe sogar schon ein Angebot von der Volkshochschule bekommen. Aber finanziell gesehen mache ich lieber so eine Bügeltournee. Wenn ich eines Tages nichts mehr zu tun habe, dann kann ich immer noch in die Volkshochschule, Bügeln vorzeigen.

Müssen Sie für Ihren Weltrekordtitel viel trainieren?

Ich bügele jeden Tag ein bis zwei Stunden, um mich zu beruhigen. Aber ich sehe das nicht als Training. Ich sehe das als das, was ich am liebsten tue. Es macht mir viel Spaß. Mit einem glatten Hemd fängt es an – und zum Schluß habe ich etwas, das mir optisch gefällt und das ich auch anziehen kann.

Bügeln Sie noch etwas anderes als Hemden?

Wenn ich Leute zum Essen einlade, bügele ich auch die Namen der Gäste in die Tischdecke. Da dauert allerdings das Ausdenken schon zwei bis drei Tage. Oder ich bügele Monogramme in Servietten. Und ab und zu, wenn jemand bei mir übernachtet, bügele ich den Namen ins Kopfkissen.

Bügeln Sie auch Ihre Unterwäsche?

Oft! Aber ohne Motiv. Wissen Sie, zu Hause bügeln wir fast alles. Geschirrtücher zum Beispiel, die müssen gebügelt werden. Die müssen! Mit einfachen Falten natürlich... Bei mir zu Hause steht immer ein Bügeltisch. Im Bügelzimmer steht ein Bügeltisch, und im Wohnzimmer steht ein Bügeltisch.

Gibt es auch irgend etwas, das Sie nicht bügeln?

Ja, Spannbettücher.

Und was machen Sie für gewöhnlich während des Bügelns?

Normalerweise Musik hören, mit Kopfhörer: Schöne Musik, ein kaltes Bier – dann bin ich in meiner Welt. Interview: Christoph Schultheis

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