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Geschlossene Heime bleiben tabu

■ Rot-Grün setzt Jugendbetreuung auf den Prüfstand. Bei Unis wird weniger gespart als bisher. Motto: Qualität statt Geld

SPD und GAL erteilten der Wiedereinführung von geschlossenen Heimen am Dienstag eine deutliche Absage. „Wir halten an dem Konzept ,Menschen statt Mauern' fest“, stellte der designierte Erste Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) klar. Allerdings müßte das Jugendhilfesystem einer „sehr kritischen“Prüfung unterzogen werden. Alternativen zum Wegschließen könnten nicht bedeuten, daß auf Effektivität verzichtet wird. Angesichts einer veränderten Situation – gestiegene Jugendkriminalität und Gewaltbereitschaft – müsse das pädagogische Konzept „neu justiert“werden, so Runde.

In die aktuelle Diskussion hatte Henning Voscherau die geschlossenen Heime gebracht. Runde bezeichnete dies nun als „sehr populäre Forderung“. Delinquente Jugendliche hinter Gitter zu bringen und zu meinen, damit wäre das Problem erledigt, sei eine „symbolische Lösung des Problems“. Die Hamburger SPD hatte die „Erziehungsheime“unter Sozialsenator Jan Ehlers abgeschafft.

Ehlers bekommt noch heute eine Gänsehaut, wenn er an die „Kinderknäste“zurückdenkt. Wie aber mit der kleinen Gruppe besonders schwieriger Jugendlicher – Stichwort „Crash-Kid Dennis“– umgegangen werden soll, wird noch einmal beim Thema Innere Sicherheit behandelt. Eventuell wird sich eine Enquete-Kommission mit Jugendkriminalität und der Pfeiffer-Studie befassen.

„Sehr, sehr nahe“war man sich beim Komplex Hochschulen. SPD und GAL lehnen beide die Einführung von Studiengebühren entschieden ab. Die Modernisierung der Hochschulen soll auch ohne zusetzliches Geld gelingen. Allerdings wird der Wissenschaftsbereich, anders als in den vergangen Jahren, nun nur noch „unterdurchschnittlich“von Sparauflagen betroffen sein.

Bei der Einstellung von Profs wird künftig die didaktische Qualifikation eine größere Rolle spielen als bisher. Ein Berufungsfonds soll Hamburgs Chancen, renommierte WissenschaftlerInnen an die Elbe zu holen, steigern. Die Hälfe davon ist dabei für Frauen vorgesehen. Außerdem einigte man sich darauf, auf eine Internationalisierung der Universitäten zu drängen. Auf Bundesebene will sich ein rot-grüner Senat dafür einsetzen, Aufenthalts- und Arbeitsbeschränkungen für ausländische Studierende aufzuheben.

Darüber hinaus wird geprüft, ob die Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung – an der unter anderem Polizisten ausgebildet werden – an eine reguläre Uni oder FH angedockt werden kann, um die Isolation dieser Ausbildungsgänge aufzuheben. Silke Mertins

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