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Neue Indizien bei der US-Klage gegen Microsoft

■ Justizministerium: Software-Konzern soll den weltgrößten PC-Hersteller Compaq bei Internet-Programm erpreßt haben. Ein ganzes Bündel von Klagen läuft in verschiedenen Staaten

Berlin/Washington (taz/AP) – Bei der Klage gegen Microsoft hat das US-Justizministerium dem zuständigen Bundesgericht anscheinend mehr Munition geliefert als bisher angenommen. Der Software-Riese aus Redmond bei Seattle soll den Computerhersteller Compaq massiv unter Druck gesetzt haben, um seine Internet-Software „Explorer“ durchzuboxen. Der Konzern von Bill Gates habe Compaq mit dem Entzug der Lizenz für das populäre Betriebssystem Windows 95 gedroht, nachdem Compaq seinen Kunden auch die Software von Microsoft-Konkurrent Netscape verkaufen wollte. Das geht aus Akten hervor, die das Ministerium in dieser Woche dem Gericht vorlegte.

Laut Stephen Decker, bei Compaq für die Software-Beschaffung verantwortlich, hat seine Firma seit Jahren gute Beziehungen zu Netscape. Deshalb würden Kunden auch auf den Netscape „Navigator“ als Programm für die Internet-Benutzung hingewiesen. Als Microsoft aber im Mai 1996 feststellte, daß auf der Bildschirmoberfläche der Verweis auf seinen Internet Explorer entfernt worden war, habe die Firma gedroht, die Lizenz für Windows 95 zurückzuziehen. Da alle ausgelieferten Compaq-Computer mit diesem Betriebssystem ausgestattet seien, habe seine Firma vor einem großen Problem gestanden, erklärte Decker. Compaq verkauft mehr Personal Computer als jeder andere Hersteller in der Welt.

Microsoft erklärte dazu, es sei nur um die Einhaltung des Lizenzvertrags gegangen. Da der Internet Explorer zu Windows 95 gehöre, müsse er auch mitinstalliert werden. Genau in dieser Kopplung sieht das Justizministerium wettbewerbswidriges Verhalten. Es hat Microsoft eine Strafe von einer Million Dollar täglich angedroht.

In einem zweiten Verfahren prüft das US-Justizministerium den kürzlichen Deal mit Apple. Microsoft hatte sich mit 150 Millionen Dollar bei dem notleidenden Konkurrenten eingekauft. Im Rahmen des Kaufvertrags verpflichtete sich Apple, seinen Kunden in erster Linie den Microsoft Internet Explorer nahezubringen und nicht den Navigator von Netscape. Auch in mindestens sechs Einzelstaaten ermitteln die Staatsanwälte wegen der Geschäftspraktiken des Marktbeherrschers bei der PC-Software. Und der bei US- Firmen gefürchtete Verbraucheranwalt Ralph Nader hat ebenfalls eine Kampagne gegen den „Monopolisten“ gestartet.

Selbst von Übersee droht Ungemach: Die Wettbewerbshüter der EU gaben letzte Woche bekannt, daß sie verschiedene Praktiken von Microsoft untersuchen werden, darunter auch Beschwerden über die Internet-Software. rem

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