Vier US-Bürger in Pakistan erschossen

■ Vergeltung für die Verurteilung eines Pakistani in den USA?

Berlin (taz) – Gestern morgen sind in der pakistanischen Hafenstadt Karatschi vier US-Amerikaner und ihr einheimischer Fahrer von zwei Unbekannten erschossen worden. Die Mitarbeiter des Ölkonzerns Union Texas waren auf dem Weg vom Hotel ins Büro der Gesellschaft, als sie aus einem Auto beschossen wurden. Nachdem ihr Wagen zum Stehen gekommen war, schossen die Attentäter mit Maschinenpistolen auf sie. „Jeder in dem Wagen war sofort tot“, berichtete Karatschis Polizeichef Malik Igbal der pakistanischen Zeitung The News. Der zuvor gestohlene Wagen der Attentäter wurde später verlassen gefunden. „Es ist noch zu früh zu sagen, warum die Amerikaner ermordet wurden“, so Igbal, „es besteht aber die große Wahrscheinlichkeit, daß es mit der Verurteilung Kasis zusammenhängt.“ Der Pakistani Mir Amil Kasi war am Montag von einem Gericht im US-Bundesstaat Virginia des Mordes an zwei CIA-Mitarbeitern für schuldig befunden worden. Er hatte im Januar 1993 vor dem Hauptquartier des Geheimdienstes auf CIA-Mitarbeiter geschossen, um gegen die US-Politik gegenüber islamischen Ländern zu protestieren. Kasi war erst im Juni von Pakistan in die USA ausgeliefert worden. Das US-Gericht muß jetzt über die Todesstrafe entscheiden. Am Dienstag hatte das US-Außenministerium Amerikaner im Ausland vor Vergeltungsanschlägen gewarnt. Die gestern ermordeten US-Bürger waren Rechnungsprüfer von Union Texas aus Houston. Sie waren erst seit kurzem in Pakistan. Ihr Konzern ist an der Produktion der Hälfte des in Pakistan geförderten Öls beteiligt.

1995 waren in Pakistan zwei Mitarbeiter des US-Konsulats erschossen worden. Der Fall ist nicht aufgeklärt. Demnächst wird US- Außenministerin Madeleine Albright zu ihrem ersten Besuch Pakistans erwartet. In Karatschi sind dieses Jahr schon 380 Personen Mordanschlägen zum Opfer gefallen, 1996 waren es 500 und 1995 rund 2.000. Sven Hansen