■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Tanzende Mäuse
Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Während der alte Wirtschaftssenator Perschau sich schon den Haushaltslöchern im Finanzressort widmete und der neue Senator Josef Hattig während der vergangenen Wochen noch die letzten Aktenstöße von seinem Chef-Schreibtisch im Beck's-Tower wegarbeitete, versuchten sich Schattensenator Frank Haller und seine Getreuen mal wieder im Querschießen. Objekt ihrer Zielübungen war, wie schon so oft, CDU-Bausenator Bernt Schulte. Als Munition diente wieder die Klage, dessen Bau-Pläne würden den Autoverkehr in der City behindern.
Konkret ging es um die Faulenstraße: Schulte hatte sich ja vor einigen Wochen aus dem Fenster gehängt und stolz den historischen Kompromiß verkündet, um die von der Innenstadt abgehängte Meile zum Shopping attraktiver und dennoch für genügend Blech passierbar zu machen: Straßenbahn, breitere Bürgersteige, weniger, aber immer noch genug Platz für Autos, Bäume, da und dort Radweg-Stücke und Parkplätze. Zahlen sollte – wer sonst – das Wirtschaftsressort wegen Aufwertung der Innenstadt gleich Stärkung der Wirtschaftskraft und so.
Auch die Wirtschaftsbeamten hatten dem Kompromiß zugestimmt. In einer legendären Sitzung im Sparkassen-Gebäude am Brill waren die verschiedenen Meinungen auf sanften Druck des größten Anliegers zusammengeknüpft worden. Dachten alle, bis die Bauplaner erstaunt Briefe von Frank Hallers Beamten bekamen, die das Geld nicht rausrücken wollten. Die Förderer des Innenstadt-Handels rauften sich die Haare, müssen sie sich doch mit den sensiblen Anliegern wie dem Elektronikkaufhaus Saturn-Hansa herumschlagen, das sowieso lieber heute als morgen seinen abgelegenen Standort aufgeben würde.
Die Halleristen meldeten hier und da kosmetische Bedenken an der Straßenplanung an, aber alle Experten wissen: Denen schmeckt der ganze Straßen-Umbau nicht, die würden ihr Geld lieber für so ruhmvolle Projekte wie den Space-Park zusammenhalten.
Schulte mußte Sorge haben, von den selbständigen Beamten aus dem führerlosen Ressort düpiert zu werden. Wie man sich erzählt, hat er sogar schon überlegt, den Finanzierungsanteil des renitenten Wirtschaftsressorts selber auf Pump vorzustrecken.
Gerade noch rechtzeitig eilte Katze Hattig über die Weser zu Hilfe: In einem Chef-Gespräch vereinbarten die beiden Parteifreunde am Donnerstag, daß die Faulenstraße wie geplant umgebaut werden soll. Der ehemalige Brauereichef muß seine Untergebenen auf den Pott setzen, sagt ein Baubeamter. Ob die Mäuse unter Obermäuserich Haller jetzt ausgetanzt haben, fragt sich ihre Rosi Roland
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