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„Extra 3 – die wahre Wochenschau“, N3, Do., 22.30 Uhr
Hamburg hat einen neuen Bürgermeister und „Extra 3“ einen neuen Moderator. Der eine heißt Ortwin Runde und kommt gar nicht vor in der Sendung, das ist schlecht. Der andere heißt Michael Gantenberg und beherrscht das TV-Metier, das ist gut. Denn nach den zuletzt grandios mißratenen Moderationen ist Gantenberg endlich jemand, der seiner Arbeit solide nachzugehen scheint.
Vorgestern lieferte „Extra 3“ einen erneuten Versuch, sich als das Magazin für politische Satire zu halten. Ein neuer Vorspann, ein neuer Moderator und eine Neugewichtung der Themen. So gab es Beiträge über die Bonner Renten- und Steuerdiskussion, die Berliner Abschiebepraxis, die Zweitwohnungsteuer für Rheinländer in der Hauptstadt, über Karnevals-Grauen, Irak-Unfug und Oktoberrevolutions-Reminiszensen; es gab die neue Sparte der „abgehakten Woche“, die neue Kolumne „Medienmüll“, die eng an Kalkhofens TV-Zitatzusammenschnitte angelegten „Worte der Woche“, Werbe- Parodien – zuviel für 30 Minuten, zuviel der Hast. Wo ist der getragen ruhige Tonfall, der „Extra 3“ bislang auszeichnete? Zu sehr läßt man sich auf die Hektik des „Privatfernsehens“ ein und hat fast schon verloren. Auch weil krampfhaft alle Provinzialität vermieden wird, die immer das Schönste war und jetzt nur noch in Fritz Tietz' neuer Serie „Rauchen hinter Monumenten“ überlebt hat. Wo ist das Treiben in der Norddeutschen Tiefebene, das gerade für Außenstehende immer das Strahlendste war? Ausgespart wird jede Hamburger bzw. norddeutsche Politik. Wir aber wollen mehr sehen über den Pfeifenraucher respektive -kopf Ortwin Runde. Weniger wäre mehr gewesen. Michael Ringel
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