: „Die Sperrung meiner Konten aufheben“
■ Benazir Bhutto wirft der Schweiz vor, mit der Kontensperrung auf eine Rufmordkampagne und Falschaussagen hereingefallen zu sein
taz: Die pakistanische Regierung behauptet, Sie seien korrupt.
Benazir Bhutto: Das ist eine Lüge. Seit über zehn Monaten entnehme ich lediglich den Zeitungen, daß mich die Regierung der Korruption bezichtigt. Eine formelle Anklage liegt bis heute nicht vor. Das allein ist ein großer Skandal. Ich habe Premierminister Nawaz Sharif schriftlich gefragt, wessen genau ich beschuldigt werde. Er verweigerte eine Antwort mit der Begründung, man wolle mir nicht bei der Vorbereitung meiner Verteidigung helfen. Die Regierung hat inzwischen zugeben müssen, daß sie Geschäftsleute, Bankiers und Beamte durch Folter, Haft und andere schwere Menschenrechtsverletzungen zu Falschaussagen gegen mich gezwungen hat. Ein Bankier sowie der Generaldirektor der staatlichen Untersuchungsbehörde sind immer noch im Gefängnis. Alle zwei Wochen wird ihnen die Freilassung angeboten, wenn sie eine Falschaussage gegen mich unterschreiben.
In den Medien heißt es, Sie versteckten bis zu einer Milliarde US- Dollar auf Schweizer Konten.
Ich wünschte, ich hätte eine Milliarde Dollar. Leider besitze ich nicht einmal fünf Prozent dieser Summe. Ich habe Privatvermögen, weshalb ich auch auf das Premierministergehalt verzichten konnte. Mein Vater (Zufikar Bhutto, Gründer der Volkspartei PPP, d. Red.) war ein wohlhabender Mann, dessen Erbe mir zur Unabhängigkeit verhalf. Auch hat mein Mann ein Einkommen als Geschäftsmann. Aber ich besitze kein durch Korruption oder illegale Methoden erworbenes Geld. Ich habe Geld auf Konten in der Schweiz. Das ist nach pakistanischem Gesetz völlig legal. Meinen gesamten finanziellen Besitz, inklusive aller Auslandskonten, habe ich anläßlich meines letzten Wahlkampfes offengelgt. Die Bekanntgabe der Sperrung meiner legalen Konten durch die Schweizer Behörden läßt mich jetzt als Gaunerin erscheinen. Mit den acht Firmen, deren Konten gesperrt wurden, habe ich keine Verbindung.
Wenn es keine Beweise gegen Sie gibt, was hat die Schweizer Behörden und Banken dann zu den Maßnahmen veranlaßt?
Ich sehe zwei Gründe: Zum einen ist die Schweiz wegen der völlig überzogenen Nazigold-Diskussion derzeit in der Defensive. Mein Fall schien offenbar geeignet, ohne größeres Risiko entschlossenes Handeln und Transparenz zu demonstrieren und das angeschlagene Image der Schweiz zu verbessern. Zum zweiten: Die Schweizer sind selbst sehr ehrlich und korrekt. Ihnen ist offenbar nicht bewußt, daß es in Pakistan Gauner gibt, die ihre politischen Gegner durch unsaubere Methoden beseitigen wollen. Deshalb sind die Schweizer Banken auf die Verleumdungskampagne der Regierung und angebliche Beweise gegen mich hereingefallen, ohne korrekterweise die Erhebung einer formellen Anklage gegen mich abzuwarten. Die Schweizer hätten auch berücksichtigen müssen, daß in Pakistan Folter an der Tagesordnung ist. Ich bin Oppositionsführerin. Die Regierung betrachtet mich als Bedrohung und will mich ausschalten. Zumindest hätten die Schweizer Banken und Behörden die Angelegenheit vertraulich behandeln sollen.
Haben die Schweizer Behörden und Banken vor der Sperrung der Konten mit Ihnen oder Ihren Anwälten Kontakt aufgenommen?
Nein. Sie haben uns weder vorab kontaktiert noch nachträglich informiert.
Haben Sie die Sperrung der Konten angefochten?
Meine Anwälte sowie Vertreter meiner Partei (PPP) haben die gegen mich erhobenen Vorwürfe öffentlich als Unsinn zurückgewiesen und beim Schweizer Botschafter in Pakistan protestiert.
Was sollten die Schweizer Behörden und Banken jetzt tun?
Sie sollten zu dem Rechtsgrundsatz zurückkehren, wonach eine Person unschuldig ist bis zum Beweis des Gegenteils und die Sperrung der Konten aufheben. Interview: Andreas Zumach
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