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Weiter Streit um Nebenjobs

■ Mitarbeiter des Kita-Aufsichtsamts bieten Kitas privat Computerschulung an / Kein Problem, meint die Behörde

Es gibt keine Interessenkollision, keinen Anlaß, die Nebentätigkeitsgenehmigung zu beanstanden – das erklärte Heino Heinken, Abteilungsleiter in der Sozialbehörde in der letzten Sitzung der Sozialdeputation auf Anfrage zweier Oppositionspolitiker. Wie die taz berichtete (vgl. 15.11.), hatten zwei Sachbearbeiter der Behörde ein Computerprogramm zur Verwaltung von Kita-Plätzen entwickelt, die Schulung als „Nebentätigkeit“mit einer eigens gegründeten Firma „Diwo GbR“betrieben und privaten Kitas sogar die „Beschaffung“von Computern angeboten.

Computer seien nicht verkauft worden, versicherte Heinken dagegen, das habe die Genehmigung zur Nebentätigkeit auch gar nicht gedeckt. Die beiden hätten den Trägern lediglich „auf Bitten“und in ihrer Eigenschaft als Inhaber der Firma Diwo ihre Beratung angeboten. Eine unklare Abgrenzung zu dienstlichen Angelegenheiten gebe es nicht.

Daß das nicht die Wahrheit war, ahnten die Oppositions-Politiker nicht. So hatte die Evangelische Kirche beispielsweise keineswegs die Sachbearbeiter der Sozialbehörde um Rat bei der Bestellung der Computer gebeten, hatte es sich keineswegs um einen Hinweis gehandelt, bei welcher Firma die PCs günstig beschafft werden könnten – das Angebot der „Beschaffung frei Haus“war unaufgefordert gekommen. Die Kita-Chefin hatte es nach eigener Aussage ignoriert, weil sie Computer bei Computerfirmen beschaffe und nicht bei Mitarbeitern der Sozialbehörde.

So war es auch keineswegs nur ein „bedauerliches Mißverständnis“, wenn der katholische Gemeindeverband den Eindruck hatte, die beiden Mitarbeiter der Behörde hätten in ihrer Freizeit und als Privatfirma Diwo das Kita-Programm „KIS“entwickelt. Denn tatsächlich war es nicht die Behörde gewesen, die den Kitas das Programm „KIS“angeboten und vorgestellt hatte, sondern – im Falle der katholischen Kitas – die beiden Sachbearbeiter in ihrer Eigenschaft als Firma Diwo.

Auch der Evangelischen Kirche war das Computerprogramm, das der Behörde gehört, unter dem Briefkopf der Firma Diwo mit den Worten angeboten worden: „Die Software stellen wir Ihnen kostenlos zur Verfügung“, dies passiere „in Absprache mit der Sozialbehörde“.

Das ebenfalls von Diwo gemachte Angebot, für 28.000 Mark MitarbeiterInnen der Evangelischen Kirche zu schulen, hätte die Nebentätigkeitsgenehmigung, die sich auf 3,5 Stunden pro Woche beschränkt, bei weitem gesprengt.

Ob die Einführung in das Programm „KIS“zu den dienstlichen Tätigkeiten der beiden Mitarbeiter gehört oder nicht, wird sich übrigens erweisen, wenn – als letzte – die staatlichen Kitas die Computer anschaffen.

Die grüne Sozialpolitikerin Maria Spieker blieb bei ihrer Ansicht, der Nebenjob sei „sofort zu unterbinden“. Dienstliche und private Aktivitäten seien „vermischt“worden, der Interessenkonflikt sei „unübersehbar“. Sie sei sicher, daß sich die potentiellen Kunden „unter Druck gesetzt fühlen mußten, schließlich sind die Kindergärten darauf angewiesen, gut mit der Aufsichtsbehörde zusammenzuarbeiten“. Der AfB-Abgeordnete Horst Ochs will die Sache mit einer kleinen Anfrage vor die Bürgerschaft bringen. K.W.

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