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Flammen vor Sydney

Im Buschfeuer von Australien verbrennen zwei Feuerwehrmänner. Ein Atomkraftwerk muß abgeschaltet werden  ■ Von Sven Hansen

Berlin (taz) – Die seit Tagen im Südosten Australiens wütenden Buschfeuer haben gestern die Millionenstadt Sydney erreicht und zwei Todesopfer gefordert. Am Stadtrand gingen mindestens 38 Häuser in Flammen auf, als die Brände außer Kontrolle gerieten und die Schutzlinien um die australische Metropole durchbrachen. „Es gibt über 200 unkontrollierte Feuer und vielleicht weitere 200, die wir versuchen einzudämmen“, sagte gestern der oberste Ferwehrchef des Bundesstaates New South Wales, Phil Koperberg, im australischen Rundfunk.

Koperberg bekam gestern vom Premierminister des bevölkerungsreichsten Bundesstaates, dessen Hauptstadt Sydney ist, Sondervollmachten. Die nächsten vier Tage seien entscheidend im Kampf gegen die Feuer, so Koperberg. Aus den Bundesstaaten Queensland und Victoria trafen Hunderte zusätzliche Feuerwehrleute ein, um die bisher 4.500 Brandbekämpfer zu unterstützen, die auch mit Flugzeugen und Hubschraubern gegen die Feuer vorgehen. Seit Sonntag werden auch Armee-Einheiten eingesetzt. Australiens Premierminister John Howard versprach jede nur denkbare Unterstützung seiner Regierung.

Zwei Feuerwehrmänner starben gestern in der Nähe der Bergbaustadt Lithgow, hundert Kilometer nördöstlich von Sydney, als sie von den Flammen eingeschlossen wurden. Die größten Feuer wüten in Coonabarabran, 400 Kilomter nordwestlich von Sydney, wo in einem Umkreis von 155 Kilometern bereits 180.000 Hektar Buschland und Nutzwald abgebrannt sind. Die dort eingesetzten 500 Feuerwehrleute wurden um weitere 100 verstärkt. Zwei der dortigen Brandbekämpfer erlitten gestern schwere Rauchvergiftungen. Die 3.000 Bewohner des Ortes wurden aufgefordert, sich auf eine Evakuierung vorzubereiten.

In Menai, einem südlichen Vorort von Sydney, wurden inzwischen ganze Straßenzüge evakuiert. Nach einem Bericht der heutigen Ausgabe des Sydney Morning Herald sind insgesamt 13 Vororte von Evakuierungen betroffen. Die Brände bewegten sich nach Feuerwehrangaben in südostliche Richtung und bedrohten zahlreiche andere Viertel. Mit Gartenschläuchen und eingehüllt in nasse Tücher versuchten Bewohner ein Übergreifen der Flammen auf ihre Häuser zu verhindern. Nach Auskunft der Feuerwehr sind auch in Thornleigh im Norden Sydneys Häuser vom Feuer bedroht.

Australiens einziger Atomreaktor in Lucas Heights im Süden Sydneys wurde gestern abgeschaltet, als die Feuer die Umgebung des Kraftwerks erreichten. Laut einem Sprecher des Kraftwerks bestehe aber keine akute Gefahr. Auf dem Reaktorgelände würden sich zur Sicherheit zahlreiche Feuerwehrleute aufhalten.

Über Sydney lag gestern bei 32 Grad Hitze ein Rauchschleier, der an die Smogkatastrophe nach den schweren Bränden in Indonesien erinnerte. Die Rußpartikel in der Luft tauchten die Stadt beim gestrigen Sonnenuntergang in orangefarbenes Licht. Im Radio riefen die Behörden Asthmatiker auf, ihre Wohnungen nur mit Atemschutzmasken zu verlassen. Die Luftverschmutzung betrage bereits das Fünffache des gesundheitlich verträglichen Niveaus und werde noch steigen.

Meteorologen zufolge wird der Qualm über der Stadt durch eine Inversionswetterlage verstärkt, zudem fachten starke Winde die Feuer immer wieder an. Die Wettervorhersagen für die nächsten Tage lassen noch eine Verschärfung der Situation erwarten. Nach Meinung der Feuerwehr übertreffen die Brände bereits die vom Januar 1994. Damals waren vier Menschen gestorben und über 200 Häuser abgebrannt.

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