: Die Politik beim Wort nehmen
Akademischer Senat und Konzil beschließen ein „Notprogramm für die Universität“. StudentInnen geht das nicht weit genug ■ Von Karin Flothmann
Die Politik muß umdenken und zwar gründlich. Darin waren sich vom Professor bis hin zur Verwaltungsangestellten alle einig. Mit großer Mehrheit beschlossen Akademischer Senat und Konzil der Hamburger Universität gestern ein Notprogramm, um eine weitere Verschlechterung von Lehre und Forschung zu verhindern.
Die vom Präsidenten der Universität, Jürgen Lüthje, höchstselbst ausgearbeitete Resolution fordert vom Hamburger Senat eine deutliche Erhöhung der Tutorienmittel, die stärkere Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Sonderfonds für weitere Professuren und Forschungsvorhaben sowie ein mehrjähriges Programm zur Erneuerung des Bücher- und Zeitschriftenbestands der Bibliotheken.
Zudem soll eine „mehrjährige Finanzplanung für die Universität sicherstellen, daß ihr keine weiteren Einsparungen auferlegt werden“. Explizit verurteilen die beiden höchsten Entscheidungsgremien der Uni zugleich „die Unglaubwürdigkeit einer Politik, die in Sonntagsreden den Stellenwert der Bildung betont“, in der Praxis jedoch kürzt und streicht. Eine von StudentInnen eingebrachte Resolution, über die Senat und Konzil ebenfalls abstimmten, wurde mit der knappen Mehrheit von 14 zu 13 Stimmen bei zahllosen Enthaltungen abgelehnt. Die Studierenden hatten darin deutlich auf den gesamtgesellschaftlichen Kontext von Bildungs- und Sozialabbau hingewiesen.
Vier Stunden lang hatten StudentInnen zuvor um Formulierungen gerungen. Durchaus mit Erfolg. Einzelne ihrer Anregungen wurden ins Notprogramm integriert. So werden nun etwa Bund und Länder darin aufgefordert, „die geplante Novellierung des Hochschulrahmengesetzes nicht im Eilverfahren zu beschließen“. Den Studierenden ist das jedoch nicht genug. „Uns geht es um Grundlegenderes“, betonte etwa Sönke Klages, studentischer Vertreter im Akademischen Senat. Nicht „kleinteilige Forderungen“, wie sie nun verabschiedet wurden, seien Sinn und Zweck des Streiks. Immerhin gelte es, den Abbau in der Bildungs- und Sozialpolitik zu stoppen.
Während der Schlußabstimmung verließen die meisten StudentInnen unter Protest die Sondersitzung im Audimax. „Herausgekommen ist letztlich wieder nur dieses Mehr-Bücher-für-die-Uni-Ding“, kommentierte Georg Brockmeyer vom AStA enttäuscht. Uni-Chef Lüthje sieht das natürlich anders. Die Forderungen seines abgesegneten Notprogramms decken sich im wesentlichen mit den Koalitionsvereinbarungen, die SPD und GAL in puncto Wissenschaft getroffen haben.
Daß er diese Vereinbarungen nun noch einmal aufgreife, sei „ein Gebot der Klugheit“. Lüthje: „Wir müssen die Politik eben beim Wort nehmen.“
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