: Gedrängel der Galionsfiguren
■ Marianne Birthler will als bündnisgrüne Kandidatin für ein Bundestagsmandat in Prenzlauer Berg antreten. SPD und CDU bieten mit Thierse und Nooke ehemalige Bürgerrechtler auf. PDS sucht noch
Mit Marianne Birthler, die sich im Wahlkreis Prenzlauer Berg/ Mitte um das Bundestagsdirektmandat der Grünen bewirbt, muß die PDS in diesem Wahlkreis mit einer dritten Ost-Galionsfigur rechnen. Für die SPD tritt erneut der stellvertretende Bundesvorsitzende Wolfgang Thierse an, der 1994 knapp dem PDS-Kandidaten Stefan Heym unterlag. Die CDU schickt ihr neues Mitglied, den früheren Bürgerrechtler Günter Nooke, ins Rennen. Nur die PDS sucht noch händeringend eine Kandidatin, die das strategisch wichtige Direktmandat für den Bundestag holt.
Birthler hatte zunächst erwogen, sich in einem anderen Wahlkreis um ein Direktmandat zu bewerben, um die Chancen von SPD- Parteichef Wolfgang Thierse gegen die PDS nicht zu schmälern. Doch ihre Vorstellung, mit der SPD zu einer Absprache über einen „rot-grünen Wahlkampf“ zu kommen, erwies sich als nicht machbar. Die Strategie, durch Absprachen die Chancen der grünen oder der SPD-Kandidaten zu steigern und damit die PDS auszubooten, wurde in beiden Parteien nicht ernsthaft erwogen.
Bei einem Strategietreffen der Ostberliner Bezirksgruppen sei vor drei Wochen einhellig beschlossen worden, im Ostteil der Stadt einen starken eigenständigen Wahlkampf zu machen. „Die Überlegung, wem wir Stimmen abjagen, ist zweitrangig“, erklärte gestern auch Almuth Tharan, bündnisgrünes Kreisvorstandsmitglied in Prenzlauer Berg.
Birthler leitet seit 1996 das Berliner Büro der grünen Bundestagsfraktion und war bis 1992 Bildungsministerin in Brandenburg. Bei den Abgeordnetenhauswahlen 1995 lag die 49jährige in Prenzlauer Berg mit 30 Prozent nur knapp hinter dem PDS-Kandidaten. Im Bundestag will sich die frühere Bürgerrechtlerin vor allem um Jugendpolitik kümmern. Birthler wird sich voraussichtlich noch gegen parteiinterne Gegenkandidaten durchsetzen müssen. Ihr früherer Wahlkampforganisator, Matthias Dittmer, und der 30jährige Bernhard Weinschütz, der im Schwulenbereich der Partei aktiv ist, denken über eine Kandidatur nach. Ende Januar wird die Wahlversammlung der Bezirksgruppen Mitte und Prenzlauer Berg stattfinden.
Auf keinen Fall wollen die Bündnisgrünen in Prenzlauer Berg erneut so einen Reinfall erleben wie bei der letzten Bundestagswahl. Damals erklärte der bündnisgrüne Kandidat Uwe Dähn eine Woche vor der Wahl, er werde seine Erststimme dem SPD-Kandidaten Thierse geben. Das kam bei der Basis nicht gut an. Dähn erhielt nur 5,1 Prozent der Erststimmen. Dorothee Winden
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