piwik no script img

Genosse Gregor Gysi gewinnt

Die PDS schickt für 9,98 Mark Gregor Gysi in die Galaxis, um das „Raumschiff Bonn“ zu übernehmen und Deutschland zu retten. Eine Idee, die aufgeht – vorerst leider nur im Spiel  ■ Von Jens Rübsam

Dies sind die Abenteuer des PDS-Genossen Gregor Gysi, der unterwegs ist, Deutschland zu retten. Es gelingt ihm.

Wir schreiben das Lichtjahr 1998. Das Land ist in einer parlamentarischen Sackgasse, in einem schwarzen Loch. Commander Kohl ist deprimiert, er hat den Durchblick verloren. Sein Traumschiff Deutschland droht zu sinken – und im Oktober ist Bundestagswahl. Deswegen hat er sich aufgemacht in unendliche Weiten. Er will sich und seine Crew einfrieren lassen, mindestens zehn Jahre, so will er das Problem aussitzen. In die Galaxis mitgenommen hat Commander Kohl Roboter Blümel und Zuträger Gauck, Kinkelstein und Westerohr. An Bord sind auch Fischer-Frosch und Napoleon-Hutträger Lafontaine sowie der rote Erzfeind Gregor Gysi, dem es alsbald gelingen wird, das „Raumschiff Bonn“ zu unterwandern, sich als Captain zu etablieren und die Herrschaft über die „Möllekammer“, die „Rühezone“ und das „Merkeleum“ zu erlangen. Vorher allerdings sind einige Hürden zu nehmen.

Abnehmen zum Beispiel. Captain Gysi ist rank und schlank, trägt eine große, runde Designerbrille (wegen des Durchblicks) und eine Vollglatze. So schwebt er als Leichtgewicht durch das Raumschiff, im Nacken den Kinkelstein, weil Kinkelstein jedem hinterherläuft, der wichtig erscheint. Schon schwieriger ist es, sich an Roboter Blümel vorbeizustehlen. Der läßt nur Leute durch, die wie Kohl aussehen. Gysi legt sich einen „Mantel der Geschichte“ um, schon ist Blümel geblendet.

Nun gilt es noch auf dem Weg, Deutschland zu retten, die Westerohren abzuschießen, irgendwie an dem Verhinderer-Brunnen Lafontaine vorbeizukommen, auch das gelingt ihm; und im Geheimzimmer Waigel zu täuschen, das klappt mit einer roten Socke, die der clevere Genosse dem CSU-Buschauge überstülpt. Nach drei Stunden ist Captain Gysi am Ziel, er steuert das „Raumschiff Bonn“ auf einen neuen Kurs. Deutschland ist gerettet.

So hat es sich PDS-Wahlkampfleiter André Brie immer gewünscht: Die PDS regiert das „Raumschiff Bonn“. Vorerst zwar nur auf dem Bildschirm. Denn Captain Gysi existiert als solcher nur in einem Computerspiel. Entwickelt haben es in Bries Parteiauftrag Jürgen Winkler und die Berliner Firma „Burns Entertainment“. Einzige Bedingung war: Die Revolution müsse unblutig verlaufen. Man hat schließlich aus der Geschichte gelernt.

„Captain Gysi und das Raumschiff Bonn“ ist ab Montag beim PDS- Landesverband, Karl-Liebknecht- Haus, Kleine Alexanderstraße, erhältlich. Preis: 9,98 Mark

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen