: Jetzt mit rotem Ausrufezeichen
■ Wulff will Schröder in Niedersachsen landespolitisch attackieren. Der CDU-Mann setzt auf Koalition mit der FDP
Hannover (taz) – Eine Entscheidung über die SPD-Kanzlerkandidatur oder gar ein vorgezogenes Duell Kohl–Schröder – das erwarten von der Niedersachsenwahl die Journalistenscharen aus dem In- und Ausland, die schon jetzt für den 1. März im niedersächsischen Landtag Räume reserviert haben. Erwartungen, die dem niedersächsischen CDU-Spitzenkandidaten Christian Wulff gar nicht gefallen. Der will und muß im kommenden Landtagswahlkampf „ganz zentral auf landespolitische, auf niedersächsische Themen setzen“.
Die bundespolitischen Ambitionen Gerhard Schröders spielten im CDU-Wahlkampf keine Rolle, versicherte Wulff gestern in Hannover bei der Präsentation des Wahlkampfkonzepts seiner Partei. Für ihn haben die Niedersachsen Anfang März die Wahl zwischen einer „bürgerlichen Landesregierung“ aus CDU und FDP und einer neuerlichen „rot-grünen Regierung“. Schröder habe keine Chance, die absolute SPD-Mehrheit im Landtag zu verteidigen, beschwor der 38jährige CDU-Landesvorsitzende die „Umfrageergebnisse“, die allerdings in diesem Punkt durchaus widersprüchlich sind. Bei der SPD-Kanzlerkandidatur wollte Wulff Schröder „nach seinem Wahlergebnis auf dem SPD-Bundesparteitag“ ohnehin aus dem Rennen sehen.
„Höchster Schuldenstand der westdeutschen Flächenländer“, „Niedersachsen finanziell vor die Wand gefahren“, „dreimal vom Staatsgerichtshof wegen verfassungswidriger Finanzpolitik verurteilt“, „Schröder plant schon jetzt für den Wahlabend seine Flucht aus Niedersachsen“ – so lauteten einige der Schlagworte, mit denen Wulff dem amtierenden Ministerpräsidenten landespolitisch angehen will. Dabei setzt er darauf, daß „die CDU gerade in schwierigen Lagen ihre besten Wahlergebnisse erzielt hat“. In solchen Lagen sei der Wähler für die blumigen Versprechungen der SPD nicht empfänglich.
Der FDP, mit der Wulff seine bürgerliche Koalition in Hannover gern bilden möchte, bescheinigte der CDU-Landesvorsitzende zwar gute Chancen für einen Wiedereinzug in den Landtag. Stimmen verschenken will er aber an sie nicht. Mehr als fünf Prozent müsse die FDP schon aus eigener Kraft schaffen, sagte Wulff. Der 39jährige, der zum zweiten Mal als Spitzenkandidat ins Rennen geht, muß die 36,4 Prozent für die CDU des Jahres 1994 verbessern, wenn er nicht vom „Jungen Milden“ zum Absteiger werden will.
Bundeskanzler Helmut Kohl wird im Niedersachsenwahlkampf gleich neunmal gemeinsam mit Wulff auftreten. Sein nur bisweilen widerborstiger hannoverscher Zögling wird von seiner Partei wieder mit dem persönlichen Wahlspruch „Ehrlich, mutig, klar“ präsentiert, neben den nun noch ein rotes Ausrufezeichen gesetzt wird. Wulff wird auf allen Großflächenplakaten seiner Partei abgebildet sein. Jürgen Voges
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