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Ein Hakenkreuz auf die Brust gesprüht

In Mahlow wurde ein 14jähriges Mädchen von einer offenbar rechten Clique mißhandelt. Das Dorf erlangte 1996 traurige Berühmtheit: Damals wurden schwarze britische Bauarbeiter von rechten Jugendlichen gejagt  ■ Von Barbara Bollwahn

Berlin (taz) – Im Sommer 1996 sprach man in Mahlow noch von einem Einzelfall: Ein schwarzer britischer Bauarbeiter verunglückte nach einer Verfolgungsjagd durch rechte Jugendliche schwer und ist seitdem querschnittsgelähmt. Jetzt gab es in dem Dorf südlich von Berlin erneut ausländerfeindliche und rechtsradikale Randale.

Auf einer privaten Silvesterfeier wurde eine 14jährige Berlinerin von einer offenbar rechtsgerichteten Clique Jugendlicher schwer mißhandelt. Nach Polizeiangaben wurde dem Mädchen das Kopfhaar geschoren, der kahle Kopf mit Lackfarbe besprüht und auf die Brust mit roter Signalfarbe ein Hakenkreuz gesprüht. Gegen den 18jährigen Falco H. aus dem Landkreis Dahme-Spreewald wurde am Freitag nachmittag Haftbefehl erlassen. Ihm werden sexuelle Nötigung und gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Die übrigen sechs Tatverdächtigen, zwei weibliche und fünf männliche Jugendliche aus Berlin und dem Landkreis, wurden vorläufig festgenommen.

Einer von ihnen ist Enrico W., dessen Vater die Polizei gerufen hatte. Der 17jährige Hilfsschüler hatte die Party veranstaltet. Ein 15jähriges Mädchen aus Berlin habe „aus Eifersucht“ mit der Quälerei der 14jährigen begonnen. Später hätten sich auch andere beteiligt. Allen voran Falco H. Er wohnte früher als Untermieter bei Familie W. Ihm sollen auch die CDs mit rechter Musik gehören, die bei der Hausdurchsuchung gefunden wurden. „Wir wollten keinen anscheißen“, antwortete Enrico W. auf die Frage, warum niemand eingeschritten sei. Sein Vater bezeichnet ihn als Mitläufer der rechten Szene.

Ebenfalls in der Silvesternacht wurden am S-Bahnhof-Vorplatz von Mahlow, dem Treffpunkt einer dorfbekannten rechten Clique, eine 29jährige Türkin und ihre drei männlichen Begleiter aus Berlin angegriffen. Nach Polizeiangaben wurden sie aus einer Gruppe von zehn Jugendlichen heraus mit ausländerfeindlichen Parolen beschimpft und mit Flaschen und Stöcken geschlagen. Die 29jährige Frau und ein 21jährige Mann wurden leicht verletzt. Der 17jährige Marco R. aus Mahlow wurde wegen des Verdachts gefährlicher Körperverletzung festgenommen.

Ob die Beteiligten der beiden Vorfälle in Mahlow zu der Clique gehören, die auch dem Verfassungsschutz bekannt ist, konnte die Polizei bisher nicht sagen. Der Bürgermeister von Mahlow hatte in der Vergangenheit ein Angebot der Polizei ausgeschlagen, mit ihr im Rahmen des sogenannten kommunalen Kriminalitätsverhütungsprogramms zusammenzuarbeiten. Barbara Bollwahn

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