■ Welt Weit Grönling: Trauer trägt die T-Gemeinde
Werte T-Hinterbliebene, liebe Freunde des unendlichen Telefonats, liebe Internetgemeinde, verehrte Trauergäste! Der Anlaß, der Sie heute so zahlreich vor dieser meiner Kolumne zusammengeführt hat, ist ein trauriger. Ein Monopol ist von uns gegangen – ein Monopol, das uns alle über viele Jahre, ach, was sage ich, über Jahrzehnte treu und fürsorglich begleitet hat. Nach einem beispiellosen Leidensweg, der es in den letzten Jahren – nicht zuletzt durch die hämischen Worte gewissenloser Schreiberlinge – immer wieder in akut lebensbedrohliche Situationen brachte, hat nun das T-Monopol diese Welt im Frieden mit sich selbst verlassen.
Der Todeskampf, von dem wir alle nur die äußeren Anzeichen wahrgenommen haben, der körperliche Schmerz und die seelische Bedrängnis, die wir aus tiefstem Herzen mit empfinden konnten, das alles soll uns, liebe Trauergemeinde, aber vor allem auch die Hinterbliebenen daran gemahnen, daß das Leben weitergeht – auch wenn es nie wieder so sein wird, wie es einmal war. Wir leben in einer harten Zeit, sind besessen von Machtstreben und Profitgier und müssen nun erleben, wie sich Fledderer über den Leichnam hermachen und danach trachten, die Hinterlassenschaft nach den Gesetzen des freien Marktes unter sich aufzuteilen. Aber das sind nicht die Gesetze, die das Miteinander der Lebenden regeln, und schon gar nicht die der Natur. Ein Abschied schmerzt immer, auch wenn man sich schon lange darauf freut. Das hat Arthur Schnitzler gesagt, und auch wenn Mißgunst und Gier in einigen von uns das Ende des Monopols begrüßenswert erscheinen lassen, so dürfen wir doch darüber nicht den Schmerz der Hinterbliebenen vergessen.
Seien wir tolerant, liebe Gemeinde, und vergeben wir ihnen den Schrei nach einer Abschiedsgebühr. Er ist, da bin ich sicher, im Augenblick ärgster Bedrängnis entstanden. Auch Sie würden verstört reagieren, wenn Sie einer Horde wilder Räuber gegenüberstünden, die es auf das abgesehen haben, was Ihnen am liebsten ist: Ihren Besitz und den Ihrer Aktionäre. Und auch das Argument, daß Abschiedsgebühren andernorts üblich seien, wollen wir ihnen verzeihen. Während der Inquisition war es üblich, Hexen auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Aber war es deshalb auch in Ordnung?
Lassen Sie uns in diesem Moment der Besinnung innehalten und einen Blick nach vorn wagen – in eine Zukunft, von der wir hoffen, daß sie besser wird. Die Gesetze des Marktes und die heilige Inquisition werden es schon regeln. Dieter Grönling
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