: Gesetze für mehr Law and Order
■ Das Polizeigesetz soll verschärft werden / Kampfansage an Organisierte Kriminalität und Störer der „öffentlichen Ordnung“
Olaf Kawalleck und Holger Huber sind sauer. Zusammen mit fünf Kumpels saßen sie gestern im Fußgängertunnel Bischofsnadel, machten Straßenmusik, tranken Bier und schnorrten Fußgänger an. Doch ein Polizist auf Fahrradstreife, so die Darstellung der zwei, machte Streß. „Wenn Du nicht verschwindest, hau ich Dir in die Fresse“, soll der Polizist zu Holger gesagt haben. Die Gruppe zog es vor, sich aus dem Staub zu machen. Gegen einen der Obdachlosen wurde ein Platzverweis ausgesprochen, teilte kurz darauf die Polizei mit. Weil sich der Betroffene wehrte, brachte man ihn in eine Ausnüchterungszelle, eine Anzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt hat er auch am Hals.
Obdachlose haben es nicht leicht unter Innensenator Ralf H. Borttscheller. Jetzt soll auch noch das Bremer Polizeigesetz von 1983 geändert werden. Zeitgleich mit dem Vorfall an der Bischofsnadel saßen Vertreter von Innenbehörde und der SPD-Bürgerschaftsfraktion zusammen, um darüber zu beraten, an welchen Stellen das Gesetz erneuert werden soll.
Der Innensenator und die CDU-Bürgerschaftsfraktion treten dafür ein, daß vor allem gegen die Organisierte Kriminalität eine härtere Gangart gefahren werden soll. Weiterer CDU-Änderungswunsch: Der Begriff „Öffentliche Ordnung“soll wieder in das Gesetz aufgenommen werden. Gegen Störer dieser öffentlichen Ordnung – wie Bettler, Obdachlose oder Straßenmusikanten – soll noch konsequenter vorgegangen werden. Borttscheller ist überzeugt, daß man so Kriminalität schon in ihren Anfängen unter Kontrolle bringen kann.
Noch ist die SPD verhalten skeptisch. Vor allem der „finale Rettungsschuß“, den die CDU will, ist mit den Sozialdemokraten nicht zu machen. Auch was den Einsatz von verdeckten Ermittlern im Kampf gegen Organisierte Kriminalität angeht, hält sich die SPD noch zurück. Lediglich bei einer Datenschutz-Neuregelung für Polizeidaten ist jetzt schon klar, daß beide Seiten sich einigen werden.
„Das politische Rückrat der SPD besteht derzeit aus Gummi“. Der innenpolitische Sprecher der Grünen in der Bürgerschaft, Martin Thomas, glaubt nicht daran, daß der CDU viel Gegenwehr von ihrem Koalitionspartner droht. „Mit dem Entschluß, den Lauschangriff mitzutragen, ist doch in der SPD ein weiterer Damm gebrochen“, sagt Thomas.
Das Bremer Polizeigesetz gilt als eines der liberalsten in der Bundesrepublik. Thomas ist überzeugt, daß die vorhandenen Gesetze in den meisten Fällen ausreichen und angewendet werden: Verbrecher würden abgehört, Obdachlose aus dem Straßenbild vertrieben. „Das, was Borttscheller macht, ist Demagogie und Panikmache. Ich finde seine Politik widerwärtig.“
Selbst die Gewerkschaft der Polizei (GdP) geht auf vorsichtige Distanz. Noch im Dezember hatten CDU und GdP gemeinsame Forderungen für eine Änderung des Polizeigesetzes aufgestellt. Doch der Begriff „öffentliche Ordnung“ist auch in den Augen von GdP-Landesvorsitzendem Dieter Oelschläger zu schwammig. „Wenn der Gesetzgeber will, daß wir gegen Drogenabhängige und Bettler vorgehen, dann soll er das auch im Gesetz klar sagen.“ Christoph Dowe
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