piwik no script img

Die Fußball-Union bricht auseinander

■ Erst fehlten nur die Gelder. Jetzt verlassen auch Spieler und Funktionäre den FC Union

Von Union lernen heißt schrumpfen lernen. Beim krisengeschüttelten Fußballverein aus Köpenick hat der Exodus von Spielern und Funktionären begonnen. An Weihnachten meldete sich mit Frank Vogel, der in Babelsberg bessere Perspektiven sah, bereits der zweite Trainer der Saison freiwillig ab. Nico Patschinski, der beste Stürmer der Wuhlheider, folgte ihm vor wenigen Tagen nach Potsdam. Am vergangenen Mittwoch erklärte auch Schatzmeister Hans- Joachim Jung seinen Rücktritt.

Wir werden auf keinen Fall Konkurs anmelden, der Spielbetrieb geht bis zum Saisonende im Juni weiter“, meint Jürgen Dubois trotzig, in Personalunion Manager, Aufsichtsrat und Gesundbeter des Traditionsvereins. Ob der Optimist recht behält, ist allerdings fraglich. Vor allem die Krankenkassen, bei denen Union mit fast 400.000 Mark in der Kreide steht, drohen mit externen Konkursanträgen. „Zwei Verfahren konnte ich in letzter Sekunde abwehren“, erzählt der scheidende Schatzmeister. Insgesamt belaufen sich die Schulden des Regionalligisten auf annähernd fünf Millionen Mark.

Weil die Suche nach potenten Sponsoren bislang erfolglos blieb, soll beim kickenden Personal, das ohnehin auf drei ausstehende Monatsgehälter wartet, weiter gespart werden. Derzeit verhandelt Dubois mit der Mannschaft über eine neue, abgespeckte Prämienordnung, die bei den Spielern freilich nicht gut ankommt. Aus dem kleiner werdenden Prämientopf sollen Leistungsträger mehr Geld für einen Sieg erhalten als bloße Mitläufer. Wer zu welcher Lohngruppe gehört, will der Manager in Absprache mit dem neuen Coach Ingo Weniger entscheiden. „Wir sind uns einig und müssen unsere Vorstellungen den Spielern nur noch mitteilen“, so Dubois.

Bei den Betroffenen regt sich leiser Widerstand. „Mit der neuen Regelung wären wir keine Mannschaft mehr. Schließlich gibt jeder auf dem Platz sein bestes“, motzt Stürmer Norman Struck. „Wer damit nicht leben kann, soll gehen“, bleibt Manager Dubois auf striktem Sparkurs, wohl wissend, daß der Arbeitsmarkt für professionelle Fußballspieler gegenwärtig nicht rosig aussieht. Mittelfeldakteur David Bergner warnt seine Kollegen vor unüberlegten Schritten. „Es gibt kaum Vereine, die sich neue Spieler leisten können. Es bleibt uns nichts übrig, als die Zähne zusammenzubeißen.“

Trotzdem rechnet Coach Weniger nicht damit, daß er morgen beim Testspiel in Eberswalde alle Mann an Bord haben wird. Vorsorglich integrierte der dritte Trainer der noch jungen Saison Talente aus der Junioren-Elf und dem Reserveteam ins Regionalliga-Aufgebot. „Einer muß es ja machen“, meint Trainer Weniger, „ich bin selbst gespannt, welche Mannschaft ich in nächster Zeit zur Verfügung habe.“ Jürgen Schulz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen