Das Portrait: Ein Bill Gates der Jahrhundertwende
■ Emil Berliner
Die Beschallung der Welt mittels einer kleinen runden Scheibe ist untrennbar mit seinem Namen verbunden. Erwin Berliner experimentierte nicht nur mit Techniken der Tonaufzeichnung, sondern wußte sie auch gewinnbringend zu vermarkten. Auf ihn gehen die Anfänge einer profitorientierten Musikindustrie zurück. Berliner war ein Bill Gates der Jahrhundertwende.
Der im Alter von 19 Jahren nach Amerika ausgewanderte Emil Berliner, Sohn eines Kaufmanns aus Hannover, war ein Autodidakt, der sich auf eigene Faust auf den Gebieten der Elektrotechnik und Akustik fortbildete. In den Vereinigten Staaten verdingte er sich zunächst als Laufbursche, Glaswäscher und Buchhalter, bevor es ihm gelang, aus seinen Erfindungen Gewinn zu schlagen.
Der niedersächsische Emigrant entwickelte in den USA den von Thomas Alva Edison entwickelten „Phonographen“ weiter, indem er anstelle eines Zylinders kreisrunde, mit einer Wachsschicht versehene Zinkplatten als Tonträger einsetzte. Sein Gerät, das er „Grammophon“ nannte, hatte den Vorteil, daß es die Tonspuren horizontal abtastete, die Tonwiedergabe also, von der Gravitationskraft nicht beeinträchtigt, wesentlich verzerrungsfreier als bei Edisons Phonographen geriet. Außerdem waren die Scheiben leichter herzustellen, was die Möglichkeiten kommerzieller Nutzung entscheidend steigerte.
Berliner erkannte rasch, welches Potential in seiner Erfindung lag. 1887 schon sicherte er sich das Patent für sein „Grammophon“, und 1894 begann er mit der Produktion. Repräsentanten seiner Firma ließ er nach Europa ausschwärmen, wo sie Filialen in England, Deutschland und Frankreich gründeten. Die ersten europäischen Schallplattenaufnahmen sollen im August 1898 in London entstanden sein, während Emil Berliners Bruder in Hamburg das erste Preßwerk etablierte.
Das war nicht das erste Engagement in der alten Heimat. In Hannover hatte Berliner bereits bei einer Deutschlandreise 1881 eine Fabrik gegründet zur Herstellung von Mikrofonen und Fernsprechern, die wesentlich zur Verbreitung des Telefons in Europa beitrug. Die Erfindung des Kontaktmikrofons war das erste große Verdienst dieses Pioniers der Kommunikationstechnik. Daniel Bax
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen