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Altersteilzeit im Ruhestand

■ Tarif-Verhandlungen geplatzt / IG Metall will Haustarife installieren / Unternehmer wittern Stärkung der Gewerkschaft

Die Verhandlungen zur Alters-teilzeitregelung zwischen der IG Metall Küste und den Arbeitgebervertretern in Bremen sind vorerst geplatzt. Die Tarifparteien für die 230.000 Beschäftigten konnten sich in drei Punkten nicht einigen. Dabei geht es um einen verbindlichen Anspruch auf Altersteilzeit ab dem 61. Lebensjahr. Weiter umstritten sind Abfindungen für Arbeiter, die nach der Halbierung ihrer Arbeitszeit zwischen dem 60. und 63. Lebensjahr in Rente gehen sowie Eigenbeiträge der Arbeitnehmer. Die werden fällig, falls das Unternehmen während der Altersteilzeit keine zusätzliche Stelle schafft. In einem solchen Fall übernimmt die Bundesanstalt in Nürnberg keine Zuschüsse.

Als Verhandlungsgrundlage diente der Tarifabschluß in Baden-Württemberg, der im vergangenen Jahr nach einem Schlichterspruch zustande gekommen war. Darin sind einige Punkte offensichtlich interpretierbar, wie die Bremer Tarifgespräche zeigten. So wollen die Betriebe nach Angaben von Hans-Werner Busch, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Metall-Unterweser, nur dann Abfindungen bezahlen, wenn sie die Altersteilzeit mit Frühverrentung selber angeboten haben. Nur in diesem Fall sollen bis zu drei Bruttoarbeitslöhne beim Ausscheiden aus dem Betrieb gezahlt werden – als Ausgleich für Rentenabschläge in Höhe von 3,6 Prozent. Die IG Metall fordert Abfindungen auch dann, wenn die Initiative vom Arbeitnehmer kommt.

Dem Anspruch auf Altersteilzeit ab dem 61. Lebensjahr wollen die Arbeitgeber zudem den Riegel einer freiwilligen Betriebsvereinbarung vorschieben. An diesem Punkt wollen die Arbeitgeber eine Vereinbarung jedoch nicht scheiertn lassen. Die Gewerkschaft will dagegen nicht von einem verbindlichen Anspruch abweichen.

Am strittigsten war jedoch die Frage nach einer Eigenbeteiligung der Arbeiter, falls die Bundesanstalt für Arbeit keine Zuschüsse zahlt. Denn das Arbeitsamt beteiligt sich nur dann, wenn eine neue Stelle geschaffen wird. Gesetzlich geregelt ist, daß in der Altersteilzeit nur noch die halbe Zeit für 70 Prozent des Nettolohns gearbeitet wird. Die Differenz von 20 Prozent wird von der Bundesanstalt übernommen. Wird keine neue Stelle geschaffen, sollen in Bremen nach Willen der Arbeitgeber die Beschäftigten den Bundes-Anteil zahlen. Dabei verweisen die Arbeitgeber auf die tariflichen Zusätze in Baden-Württemberg. Dort wurden statt 70 Prozent 82 Prozent des Nettoentgeltes bei Altersteilzeit vereinbart. Eine Beteiligung der Arbeitnehmer sei vertretbar, hieß es.

Die IG Metall ging dagegen auf die Barrikaden. Mit dieser Regelung könnten die Arbeitgeber darüber entscheiden, ob ein Arbeiter in der Teilzeit 82 oder 70 Prozent Nettolohn erhält. „Die IG Metall kann ihren Mitgliedern nicht empfehlen, Altersteilzeitverträge abzuschließen, bei denen es zu Streit über die Inhalte kommen muß und deren finanzielle Regelungen verschlechtert werden können“, sagte dazu Bezirksleiter Frank Teichmüller.

Die Gewerkschafter wollen sich jetzt vom Flächen-Tarifvertrag verabschieden und Altersteilzeit-Tarifverträge für jeden Betrieb im Nordverbund einzeln abschließen. Das liefe indirekt auf eine Stärkung der Gewerkschaft in den Betrieben hinaus. Betriebsräte müßten für die Verhandlungen mit der jeweiligen Geschäftsführung die IG Metall-Zentralen um Hilfe bitten. Das will Arbeitgeber-Unterhändler Busch auf jeden Fall verhindern. Er verweist auf das Druckmittel anderer, anstehender Tarifverhandlungen. Er geht er davon aus, daß sich Gewerkschaft und Arbeitgeber wieder zusammensetzen. Jens Tittmann

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