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Nun darf der SFB Struve haben

■ ARD-Programmdirektor kündigt Kandidatur als Intendant in Berlin an. Die Mehrheit bei der Wahl am kommenden Montag gilt als sicher

Der Weg für eine Bewerbung des ARD-Programmdirektors Günter Struve für den SFB-Intendantenposten ist frei. Die ARD- Chefs hätten sich gestern auf ihrer Sitzung in Frankfurt am Main mit einer vorzeitigen Auflösung von Struves Vertrag einverstanden erklärt, teilte die ARD mit. Der ARD-Vorsitzende und MDR- Chef Udo Reiter hatte sich bisher gegen eine vorzeitige Vertragsauflösung gesträubt. Gestern erklärte Reiter dagegen: „Die ARD legt niemandem einen Stein in den Weg, der sich neuen Herausforderungen stellen will.“

Struves Wahl am kommenden Montag gilt als sicher, denn er hat die Unterstützung von CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky und der SFB-Rundfunkratschefin Marianne Brinckmeier (SPD). Weitere Kandidaten sind Cornelius Bormann (WDR), Hans-Günther Brüske (arte), Rainer Burchardt (Deutschlandfunk), Hannelore Gadatsch (SWF), Martin Buchhorn (SR) sowie SFB-Fernsehdirektor Horst Schättle.

Alles „ausnehmend gute Kandidaten“, wie Brinckmeier meint, aber Struve sei der beste. Alle Bewerber sollen sich am Donnerstag im Rundfunkrat je dreißig Minuten lang vorstellen. Sie werde einen Wecker oder eine Stoppuhr mitbringen.

Fraglich war zuletzt, ob die ARD Gehalt und Pension eines möglichen SFB-Intendanten Struve aufbessert. Er würde nämlich beim SFB wesentlich weniger bekommen als in seiner jetzigen Position. Weder die ARD noch Brinckmeier sagte, ob der Senderverbund in Frankfurt für Struve tatsächlich den Hut rumgehen ließ. Intern war jedoch von einer „einvernehmlichen Lösung zu Struves Befriedigung“ die Rede.

Neben der Intendantenstelle muß auch noch die des Fernseh- Chefredakteurs besetzt werden. Der grüne Rundfunkrat Jochen Esser befürchtet daher einen Kuhhandel mit einem konservativen Chefredakteur als Ausgleich für Struve, der auf SPD-Ticket Karriere machte. Brinckmeier sagte dagegen, es habe „nie in irgendeiner Form konkrete Verhandlungen über Personalpakete gegeben“.

Struve ist nicht das erste Mal als Kandidat für die SFB-Intendanz im Gespräch. So bereits 1989, als schließlich Günther von Lojewski gewählt wurde, nachdem Struves Kandidatur an überhöhten Gehaltsvorstellungen gescheitert war. Aus Sicht der SPD- und CDU-nahen Rundfunkräte sprechen zwei Dinge für Struve: Er gilt als potentiell „starker Intendant“ und als erfahren und gestählt in Westberliner Politverbindungen. Zwischen 1964 und 1981 war Struve in einflußreichen Positionen in verschiedenen SPD-Senaten: Er begann als Redenschreiber für Willy Brandt und war später unter anderem Senatssprecher und Senatsdirektor für Kultur. Als ARD-Programmdirektor gilt Struve als recht erfolgreich – ihm gelang es, die widerstreitenden ARD-Sender an ein einheitliches Programm zu gewöhnen und das Erste erfolgreich zu vermarkten. Andererseits blieb er im Umgang mit der Öffentlichkeit ganz Regierungssprecher – Offenheit und kommunikative Fähigkeiten gelten nicht gerade als seine Stärken. Mitarbeiter beschreiben ihn als eitel und arrogant. löw/lm

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