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"Erst Schlittschuhfahren lernen"

■ Nach dem müden 2:8 gegen Weißrußland und dem Verpassen der Olympia-Endrunde wird im deutschen Eishockey Weltuntergangsstimmung verbreitet - und Trainer Kingston wohl Ex-Trainer

Nagano (dpa) – Der Kapitän starrte fassungslos ins Leere, und der Trainer hatte feuchte Augen – das deutsche Eishockey erlebte den endgültigen Abstieg in die Zweitklassigkeit. „Die Talfahrt ist aber längst noch nicht zu Ende. Zuerst müssen mal alle richtig Schlittschuhlaufen lernen“, sagte Präsident Rainer Gossmann vom Deutschen Eishockey-Bund, nachdem das DEB-Team gestern 2:8 gegen Weißrußland verloren und den erhofften Endrunden-Einzug verpaßt hatte. Kapitän Dieter Hegen fand auch Stunden später keine plausible Erklärung für die Demontage. „Was soll ich sagen, die anderen waren einfach überragend“, meinte er dann.

Als sich Hegen und seine Kollegen den Frust herunterspülten, kam für die drei aus Übersee eingeflogenen deutschen Olympia- Nachzügler das böse Erwachen. Torwart Olaf Kölzig, Uwe Krupp und Marco Sturm waren überflüssig geworden. Nach 14stündigem Flug und 90minütiger Reise mit dem Shinkansen-Schnellzug traf das NHL-Trio im olympischen Dorf ein. „Sie hätten uns ohne Zweifel sehr geholfen“, sagte Bundestrainer Kingston, „es tut mir leid für sie. Aus dem Traum von Olympia wurde ein Alptraum.“ Mit Krupp und Co. will sich die DEB-Auswahl vor der für Freitag geplanten Abreise anständig von Nagano verabschieden.

Alois Schloder, der 1976 in Innsbruck die Bronzemedaille gewann, war fassungslos. „Dieser Klassenunterschied, einfach deprimierend“, sagte der Landshuter. 1992 in Albertville und vier Jahre später in Lillehammer im Viertelfinale, ist in Nagano bestenfalls noch Platz neun möglich. Bei der WM 1997 in Finnland entging man nur dem Abstieg, weil das WM-Feld für das Turnier im Mai in Basel und Zürich aufgestockt wurde. „Wenn es ihn nicht schon hier gegeben hat, dann gibt's spätestens in der Schweiz den großen Knall“, prophezeite Schloder.

Fachleute wie der kanadische Trainer Andy Murray waren entsetzt, wie sich die Deutschen hilflos und scheinbar gleichgültig ihrem Schicksal ergaben. „Das war nicht einmal zweitklassig“, sagte der frühere Berliner Eisbären-Coach. Hegens 108. Länderspieltor zum 1:2 anfangs des zweiten Drittels weckte kurz Hoffnung, aber dann brach das lustlose DEB-Team unter der „wundervollen Offensive eines im klassisch russischen Stil spielenden Gegners“ (Kingston) völlig zusammen. „Individuelle Fehler haben entschieden. Drei Tore waren Geschenke von uns“, sagte Kingston: „Ich hätte nie gedacht, daß wir so schlecht sind.“

Während der Bundestrainer sich über die nordamerikanische Profiliga (NHL) empörte, weil sie die vorzeitige Olympia-Teilnahme des in Übersee gesperrten weißrussischen Verteidigers Salei erlaubte, dachte Gossmann an die Folgen von Nagano. Nach der WM werde man mit Kingston reden, „und vielleicht sieht er selbst keine Perspektive mehr in Deutschland.“ Gründe für die tiefe Krise gibt es viele: Der Zank zwischen Verband und der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), die Aufhebung der Ausländerbegrenzung, ein altmodischer Trainer.

Weil neben Hegen (35) wohl auch Heiß, Merk, Doucet oder MacKay aufhören, ist sowieso ein völliger Neuanfang erforderlich. „Die Zukunft liegt in der Hand der Jugend“, meinte Kingston. In seiner wohl nicht mehr.

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